4. August 2013 (A)
(als Gottesdienst mit Bußcharakter)
Vorbemerkung: Für den 10. Sonntag nach Trinitatis, den sog. Israel-Sonntag gab es bisher schon keine einheitlichen Textvorgaben, da in Württemberg die Perikopenordnung von 1978 weiter in Geltung ist, während die gottesdienstlichen Texte im Evangelischen Gottesdienstbuch von 1999 neu geordnet wurden. Auch werden im Rahmen der Perikopenreform zwei unterschiedlich akzentuierte Proprien vorgeschlagen. Hier wird der Entwurf zum 10. Sonntag nach Trinitatis (violett) in Verbindung mit Texten nach dem Württembergischen Perikopenbuch zugrunde gelegt, dabei stärker den Bußcharakter betont und insofern in die Trauer Israels über die Zerstörung des Tempels mit einstimmt. Es wird zudem auf Predigthilfen und Materialien verwiesen, die von den verschiedenen Arbeitsgruppen zu diesem Gedenktag herausgegen wurden.
10. Sonntag nach Trinitatis (violett !) - Der Herr und sein Volk
Bringe uns, HERR, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen, erneuere unsere Tage wie vor alters. (Klgl 5,2) Predigttext (Prophetie): Jeremia 7,1-15 (V in Wü) Die Tempelrede des Jeremia (a)
Predigtgottesdienst
Vorspiel
Eröffnung / Begrüßung
Wir sind versammelt im Namen Gottes, der Himmel und Erde gemacht und Israel als sein erwähltes Volk berufen hat, der in Jesus von Nazareth, dem als Jude geborenen, gekreuzigten und auferstandenen Christus, Menschen aus allen Völkern der Welt zu sich ruft, der durch den Heiligen Geist Israel und die Kirche gemeinsam zu seinen Zeugen und zu Erben seiner Verheißung macht. (b) R: Amen.
Der 10. Sonntag nach Trinitatis wird in unserer evangelischen Kirche als "Israel-Sonntag" begangen. "Geschwister" nennt Paulus die Juden, genau so wie er die an Jesus Glaubenden anredet. Der Predigttext ist in diesem Jahr aus dem Buch des Jeremia genommen, auch er könnte antijudaistisch gedeutet und ausgelegt werden. Sich der manchmal verhängnisvollen Wirkungsgeschichte bewusst, möchten wir uns dieser besonderen theologischen Herausforderung stellen. Zugleich betont der kritische Ton dieser Prophetie den Bußcharakter dieses heutigen Sonntages bei uns Christen, der mitbestimmt ist von der Trauer Israels über die Zerstörung des Tempels in Jerusalem (.c)
Lied zum Eingang
Psalmgebet
Votum: Gedenke, HERR, an deine Gemeinde, die du vorzeiten erworben und dir zum Erbteil erlöst hast, an den Berg Zion, auf dem du wohntest. Richte doch deine Schritte zu dem, was so lange wüste liegt. Ps 74,1ff
Psalm 102 (EG 741) mit „Heiliger Herre Gott“ (EG 185.4) - Herr, höre mein Gebet
oder Klagegebet (wie unten)
oder Kyrie (wie im Anhang)
Tagesgebet
Beten wir in der Stille zu Gott, der uns Menschen gnädig sein will: - Stille -
Ewiger Gott. Nach all dem Leid, das den Gliedern deines erwählten Volkes zugefügt worden ist, lässt du uns neu erfahren, dass deine Treue Christen und Juden verbindet. Erhalte uns dein Erbarmen und die Hoffnung auf dein Reich, in dem alle deine Kinder dich loben werden in Ewigkeit (d)
Schriftlesung : Lukas 19,41-44 (!) (I ¶) Jesus weint über Jerusalem
oder Römer 11,17.24 (¶) Wilder Zweig am Ölbaum Israels
oder Römer 11,25-32 (II in Wü) Verstockung und Gnade
Antwortlied
Text und Predigt (Prophetie): Jeremia 7,1-15 (V in Wü) Die Tempelrede des Jeremia (a)
Besinnung (Stille oder Musik oder Lied)
Bekenntnis
Klage- und Vertrauenspsalm
In Stille verbinden wir uns mit Israel, gedenken voll Trauer der Zerstörung des Tempels, der Vertreibungen und all der Leiden des Volkes durch die Jahrhunderte:
- Stille -
Gott ist dennoch Israels Trost für alle, die reinen Herzens sind.
Im Vertrauen auf die Treue Gottes wagen wir zu sprechen:
Psalm 73 - ohne Doxologie - Dennoch bleibe ich stets an dir (EG 733)
Fürbitten
Barmherziger Gott. Wir bitten dich heute zuerst für dein Volk Israel, das dir die Treue gehalten hat: Gewähre ihm Frieden. Lass Juden überall auf der Welt in Ruhe und Sicherheit wohnen. Wehre dem Antisemitismus unter den Völkern. Bringe Bewegung in die verhärteten Fronten des Nahostkonflikts. Hilf nach Lösungen zu suchen, mit der alle Beteiligten zu leben bereit sind. Wir rufen zu dir:
R: Herr, erbarme dich.
Wir Christen gestehen vor dir ein, dass wir Mitschuld daran tragen, dass Juden in aller Welt bedrängt werden. Wir haben deinem Volk Israel viel zu verdanken, doch lange Zeit waren wir undankbar. Wir haben uns selbst als neues Gottesvolk bezeichnet als könne sich die Kirche an Israels Platz stellen. Wir haben uns Israels Schriften übernommen und dessen Zusagen und angeeignet, aber Israel selbst in seiner Erwählung haben wir vergessen. Wir rufen zu dir:
R, Herr, erbarme dich.
Du, Gott Israels und der Kirche, du bist ein lebendiger Gott. Vergib alle Überheblichkeit. Bringe neues Leben in die Beziehungen zwischen Christen und Juden. Lass uns einander so annehmen und ehren, wie wir geworden sind. Gib, dass dein Will in der Welt anerkannt wird und das es geschieht, dass 1uden und Christen ein Segen füreinander und für andere Werden. Wir rufen zu dir: /e)
R, Herr, erbarme dich.
oder
Lasst uns voll Hoffnung zu Gott beten:
R: Kyrie eleison.
Für Christen und Juden, dass sie sich begegnen und einander vertrauen können, dass Wunden und Verletzungen, die Christen Juden zugefügt haben, heilen, dass Schuld ernst genommen und nicht verdrängt wird - lasst uns zu Gott rufen:
R: Kyrie eleison.
Für den Staat Israel, alle seine Bewohner, Nachbarn und Bedränger, dass sie auf Gewalt verzichten, dass niemand mehr um sein Leben fürchten muss und dass ein gerechter Friede in diesem Teil der Welt gefunden wird - lasst uns zu Gott rufen:
R: Kyrie eleison.
Für die Überlebenden der Judenverfolgungen, die bis heute gezeichnet und von Erinnerungen gequält sind wegen des erlittenen Grauens, dass sie Linderung finden für ihren Schmerz und dass sie und ihre Nachkommen Frieden für ihre Seele finden - lasst uns zu Gott rufen:
R: Kyrie eleison.
Für alle, die das Volk Israel noch immer verachten, dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit finden, dass die Juden die Geliebten Gottes sind, Licht der Völker, Mittler von Segen und Heil; für alle, die schuldig geworden sind an Juden, dass sie ihr Tun bereuen und umkehren - lasst uns zu Gott rufen: (f)
R: Kyrie eleison.
Vaterunser
Lied zum Ausgang
Bekanntgaben – Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)
Sendungswort
Der HERR gedenkt ewiglich an seinen Bund, an das Wort, das er verheißen hat für tausend Geschlechter, an den Bund, den er geschlossen hat mit Abraham und an den Eid, den er Isaak geschworen hat. Ps 105,8.9
Segen - Nachspiel
*
entfalteter Wortgottesdienst
Vorspiel (g) – Eröffnung – Lied zum Eingang (wie oben)
* Eingeständnis und Zusage (s. Anhang)
Anrufung (Klagegebet)
[ Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN,
G: der Himmel und Erde gemacht hat.]
Gedenke, HERR, wie es uns geht; schau und sieh an unsre Schmach! Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas. Fürsten wurde von ihnen gehenkt und die Alten hat man nicht geehrt. Jünglinge mussten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln. Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jümglinge nicht mehr beim Saitenspiel. [Wir rufen:]
R: Heiliger Herre Gott, heiliger starker Gott, heiliger unsterblicher Gott, erbarm dich über uns.
(EG 185.4)
Unseres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt. Die Krone ist von unserem Haupt gefallen. O weh, dass wir so gesündigt haben! Darum ist auch unser Herz krank, und unsere Augen sind trübe geworden um des Berges Zion willen, weil er so wüst liegt, dass die Füchse darüber laufen. [Wir rufen:]
R: Heiliger Herre Gott... (EG 185.4)
Aber du, HERR, der du ewig bleibst und dein Thron von Geschlecht zu Geschlecht, warum willst du uns so ganz vergessen und uns lebensllag so ganz verlassen? Bringe uns, HERR, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen; erneuere unsre Tage wie vor alters! Hast du uns denn ganz verworfen, und bist du allzu sehr über uns erzürnt? [Wir rufen:] (h)
R: Heiliger Herre Gott... (EG 185.4)
Tagesgebet (wie oben)
Prophetie: Jeremia 7,1-15 (V in Wü) Die Tempelrede des Jeremia
oder Prophetie: Jesaja 27, 2-9 (¶) ... es sei denn, sie suchen Zuflucht bei mir
Graduale: Psalm 80(8-20) Gott Zebaoth tröste uns wieder (i)
Kehrvers: Gott Zebaoth, tröste uns wieder, * lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir. (v 8)
oder Psalm 102 – Herr höre mein Gebet (EG 741) (k)
Epistel: Römer 11,17.24 (¶) Wilder Zweig am Ölbaum Israels
Traktus (Psalm 102,1.13-15) (anstelle von Halleluja)
Kehrvers: HERR, höre auf mein Beten, * mein Schreien komme zu dir. (l)
Du, HERR, thronst in Ewigkeit * dein Name bleibt von Geschlecht zu Geschlecht.
Du selbst wirst dich erheben * und dich über Zion erbarmen.
Denn es ist Zeit, dass du ihm gnädig bist, * und die Stunde ist gekommen.
Deine Knechte lieben seine Steine, * tragen um seine Trümmer Leid.
Evangelium: Lukas 19,41-44 (!) (I ¶) Jesus weint über Jerusalem
Lied des Tages: Nimm von uns Herr, du treuer Gott (EG 146)
Predigt (zu Jer 7,1-11)
Besinnung (Musik oder Lied)
Bekenntnis – Fürbitten - Vaterunser – Lied zum Ausgang (wie oben)
Abkündigungen –Friedensbitte – Sendungswort – Segen – Nachspiel (wie oben)
Anhang
Kyrie-Litanei (alternativ)
Gott des Erbarmens. Dein Volk Israel blickt zurück auf viele Erfahrungen von Zerstörung, Demütigung und Vertreibung und trauert vor dir. Als Kirche haben wir diese Trauer lange nicht geteilt, sondern oft genug vergrößert und haben uns angemaßt, die Katastrophen Israels als Gericht über seine Verstocktheit zu deuten. - Dich rufen wir an:
Kyrie
Wir erkennen, dass wir es sind, die deinen Zorn verdient haben, weil uns nicht zusteht, uns über dein Volk zu erheben und es in seinem Leid allein zu lassen. Wir bitten, vergib uns und führe uns zur Umkehr. - Dich rufen wir an:
Kyrie
Hilf, dass wir nicht nur mit Lippenbekenntnissen unsere Veränderung im Denken beteuern, sondern uns berühren lassen von der Klage deines Volkes. Verwandle uns, dass aus Gleichgültigkeit Teilnahme werde, Kälte der Herzlichkeit weiche und statt Selbstgerechtigkeit uns tätige Buße leite. Dich rufen wir an: (m)
Abendmahl
mit folgenden zusätzlichen Stücken sowie nach dem Entwurf (B)
* Eingeständnis und Zusage
Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN,
G: der Himmel und Erde gemacht hat.
Nun, Gottes Volk, was fordert der HERR, dein Gott noch von dir, als dass du den HERRN, deinen Gott fürchtest; dass du in allen seinen Wegen wandelst und ihn liebst und dem HERRN, deinem Gott, dienst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, dass du die Gebote des HERRN hältst und seine Rechte, auf dass es dir wohlgehe ? (nach 5. Mose 10,12) Als solche, die vor den Erwartungen Gottes nicht bestehen können, bitten wir um seine Gnade:
G: Der allmächtige Gott erbarme sich unser. Er vergebe uns unsre Sünde und führe uns zum ewigen Leben. (oder in anderer Form))
So spricht der HERR zu seinem Volk: Gedenke daran, ich habe ich bereitet, dass du mein Knecht seist. Ich vergesse dich nicht. Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünden wie einen Nebel. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich.( Jes 44,22) Wir dürfen gewiss sein: Der allmächtige Gott hat sich über uns erbarmt und überwindet in Christus unsere Schuld. Aus seiner Vergebung können wir leben. Was gewesen ist, soll nicht mehr beschweren, was kommt, muss uns nicht schrecken. Gottes Gnade ist unseres Lebens Freude und Kraft. (oder in anderer Form)
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
¶ Vorschläge zur Perikopenreform wurden berücksichtigt
a diese Perikopn wird künftig wohl keiner der Predigttexte zum 10. Sonntag nach Trinitatis sein
b vgl. Arbeitshilfe „Als er die Stadt sah...“, Denkendorf 2009, S. 19
c vgl. Arbeitshilfe "Kirche und Volk Israel, Geschwister hier - Geschwister da", Bad Boll 2012, S.3
d vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 1999, S. 541
e vgl. Wege zum Verständnis des Judentums, Predigthilfe Israelsonntag 2001, Denkendorf 2001, S. 16
f vgl. Arbeitshilfe „Bessert euere Wege und Taten...“ Denkendorf 2007, S. 25
g Beim Einzug kann die Bibel mit vorgetragen und zum Altar bzw. Lesepult gebracht werden
f vgl. E.Fellechner, H.Miethe, Praxishilfe Gottesdienstliturgie, Bd. 2, S. 73
g Kyrie und Gloria mit Vorspruch – vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S .32
h Klagelieder 5,1.11-22 - ¶ einer der künftig vorgesehenen Perikopen zum 10. nach Trinitatis (violett)
i vgl. Evangelisches Tagzeitenbuch, 5. Aufl. Göttingen, Nr. 358
(in Auswahl, ohne Antiphon und Gloria patri)
k andere Palmversionen z.B.
Reimpsalter - Ausgabe des EG für die Evangelisch-reformierte Kirche, Ps 80 ;
Joppich/Reich/Sell, Preisungen, Münsterschwarzach 1998, Ps 80 in Auswahl, S. 76 f.
l Evangleilsches Tagzeitenbuch, 5. Aufl. Göttingen 2003, Nr. 353 in Auswahl
m vgl. Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 132