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1. Juni  2021


Reinhold Niebuhr (1882-1971), einflussreicher amerikanischer Theologe und Philosoph

Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein und der Ertrag der Gerechtigkeit wird Ruhe und Sicherheit sein auf ewig. Jes 32,17


Abendgottesdienst mit Elementen der Vesper oder Taize-Gesängen



Begrüßung 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.  G: Amen.
Wir gedenken heute (nachträglich) Reinhold Niebuhrs, der am 21. Juni 1892 in Wright City, Missouri (USA) geboren wurde und (vor gut 50 Jahren) am 1. Juni 1971 in Stockbridge, Massachusetts (USA) verstorben ist.  Niebuhr stammte aus einem deutsch-amerikanischen Pfarrhaus und wurde nach dem Studium am Eden Theological Seminary und am Elmhurst College 1913 zum Pfarrer der in der unierten Tradition stehenden German Evangelical Synod of North America, einer Vorgängerkirche der United Church of Christ, ordiniert. Nach Abschluss seines Aufbaustudiums in Yale wurde er 1915 zum Pfarrer einer Gemeinde in Detroit berufen. Ab 1928 lehrte er am Union Theological Seminary in New York, wo er 1930 eine ordentliche Professur erhielt, die er bis zu seiner Emeritierung 1960 innehatte. 1933 setzte er sich dafür ein, dass Paul Tillich nach seiner Emigration aus Deutschland eine Professur am Union Theological Seminary erhielt. Zunächst von der Social-Gospel-Bewegung geprägt, erarbeitete Niebuhr später eine eigene Grundposition, die er „christlicher Realismus“ nannte. Er verbindet eine Orientierung an kollektiven Interessen mit dem Leitbegriff der Gerechtigkeit. Beeinflusst von Augustins philosophischem Dualismus entwickelte Niebuhr ein dialektisches anthropologisches Konzept. Dieses beinhaltet die Erkenntnis, dass der Mensch durch seine intellektuelle Freiheit die Fähigkeit zur Herstellung des Guten wie des Bösen habe. Der Mensch sei durch seine reflexiven Fähigkeiten dazu verdammt, sich seinen Lebenssinn selbst zu kreieren. Da Endlichkeit und Knappheit die Rahmenbedingungen seines Handelns sind, wird der Mensch zu aus Selbstgerechtigkeit und Stolz geborenen Taten verführt. Auf der Ebene der internationalen Politik führt dies zu imperialistischem Handeln mächtiger Nationen. Niebuhr kritisierte nicht nur den Utopismus des Kommunismus, der zu Despotismus führe, sondern auch die Anmaßung der USA, sich als auserwählte Nation zu fühlen. Machtausübung führe immer auch zu moraldefizitärem Verhalten. Heutzutage berufen sich sowohl Liberale wie Barack Obama] als auch Neokonservative auf Niebuhr. Besonders bekannt geworden ist Reinhold Niebuhr durch das sog. „Gelassenheitsgebet“, dessen Autorenschaft zwar auf ihn zurückgebührt wird, aber umstritten ist. (s.u. Tagesgebet) (a)


[ Lied: Komm in unsre stolze Welt - EG 428 in Auswahl ]


Eröffnung 

mit Ingressus: Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1 )

oder Taizegesang: Laudate omnes gentes (EG Wü 787.8)


Psalmodie (gesungen) (

Antiphon: Meine Augen sehen stets auf den Herrn.

Psalm 25 – Herr, zeige mir deine Wege (EG Wü 784)

oder

Psalmgebet (gesprochen)

Votum: Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach. 

Am 5,21

Psalm 92 - Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken (EG.E 80 / EG 737)


[ Tagesgebet

Gott, gebe uns die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können, den Mut, Dinge zu ändern, die wir ändern können, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Einen Tag nach dem anderen zu leben, einen Moment nach dem anderen zu genießen. Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren. Diese sündige Welt anzunehmen, wie Jesus es tat, und nicht so, wie wir sie gern hätten. Zu vertrauen, dass du alles richtig machen wirst, wenn wir uns deinem Willen hingeben, sodass wir in diesem Leben ziemlich glücklich sein mögen und im nächsten für immer überglücklich. (b)

  

Epistel: Römer 7,14.18-25 -Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht


Antwortgesang

mit Responsorium: Ich suche dich, Herr, von ganzem Herzen (EG Wü 780.5)

oder Taizegesang: Bleib mit deiner Gnade bei uns (EG Wü 787.8)


Evangelium:
Matthäus7,7- 14 - Alles, was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen…               


Antwortgesang

mit Responsorium: Weise mir, Herr, deinen Weg (EG Wü 779.3)

oder Taizegesang:  Unsere Augen sehen stets auf den Herren (EG Wü 787.6)


Betrachtung  zum theologischen Ansatz bei Reinhold Niebuhr - s. Anhang


Lied: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn (EG. E 30)


[ Magnificat (b)

als  <ç> Canticum: Christus,  unsern Heiland, ewigen Gott, Marien Sohn ... (EGWü 781.6)

oder <ç> Taizegesang: Magnificat (EGWü 573) ]


Fürbitten 

Gott, das ist uns Menschen so vertraut: Zu klagen über den Lauf der Welt, zu zweifeln angesichts unserer Erfahrungen, entmutigt zu sein, weil das Leben soviel Mühe macht. Doch Christus ist gekommen als der Künder deines Reiches, so dass wir Hoffnung haben sollen. Um seinetwillen wollen wir nicht müde aufgeben und verzagen, sondern um dein Reich bitten und rufen:

Kyrie eleison.

Öffne uns den Blick für deine Herrschaft in unseren Kirchen, dass die Menschen in ihnen zuversichtlich,  frei und geborgen leben können. Wir rufen:

Kyrie eleison.

Öffne uns den Blick für deine Herrschaft in der Vielfalt der Völker, dass Frauen und Männer, Einheimische und Fremde, Starke und Schwache geachtet werden als deine Ebenbilder. Wir rufen:

Kyrie eleison.

Öffne uns den Blick für deine Herrschaft in unserem Miteinander, damit wir herausfinden aus der Zerstreuung hin zur Sammlung, aus dem Schein in die Wirklichkeit, aus der Lüge in die Wahrheit. Wir rufen:

Kyrie eleison.

Öffne uns den Blick für deine Herrschaft im eigenen Leben, dass Hoffnungslosigkeit überwunden wird, Sprachlosigkeit ein Ende findet,  Beziehungslosigkeit sich in Nähe und Verstehen wandeln kann. Wir rufen:

Kyrie eleison.

Öffne uns den Blick für deine Herrschaft über alle irdischen Grenzen hinaus, dass der Tod nicht der letzte Herr ist, sondern wir Aussicht haben auf deine Vollendung und unsere Verstorbenen geborgen sind bei dir zu ewigem Frieden. Wir rufen: (c)

Kyrie eleison L 3,130.


Vaterunser

Segensbitte:
Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)


Segen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus (+) Jesus.  (Phil  4,7)  G: Amen. 


Anhang


Artikel zu Reinhold Niebuhr: Politik als christliche Nächstenliebe

In den USA ist Reinhold Niebuhr vorwiegend für seine linksgerichtete Politik bekannt, obgleich er selbst sich immer als christlicher Theologe der sich der sozialen Gerechtigkeit und Gleichheit verschrieben hat bezeichnete. Niebuhr betrachtete seine politischen Aktivitäten als Teil seiner christlichen Pflicht, dem Nächsten zu helfen. - Niebuhrs Bemühen, christliche Überzeugungen in die aktuellen philosophischen Trends und die politischen Theorien einfließen zu lassen, fanden viele Unterstützer, darunter auch Arthur Schlesinger Jr., Dean Acheson und James Reston. - Das "Time" Magazin bezeichnete Niebuhr als "den größten protestantischen Theologen Amerikas seit Jonathan Edwards". Edwards (5.10,1703 – 22.03.1758) war einer der führenden calvanistischen Theologen dessen Schriften die amerikanische Theologie zwei Jahrhunderte lang beeinflussten. Während Edwards jedoch ein Fundamentalist war, repräsentierte Niebuhr eine modernere Version der orthodoxen Theologie, die die Lehren von Augustin, Luther und Calvin zusammenfasste. Den aufkommenden liberalen Tendenzen im Glauben folgte Niebuhr jedoch nicht. Er beharrte vielmehr auf der traditionellen christlichen Ansicht, dass der Mensch ein Sünder ist und betrachtete die liberalen Theologen als Utopisten. Niebuhr wies beide – wie er sie nannte - Extreme im Protestantismus zurück: Den kompletten Rückzug von der Säkularisierung ebenso wie das totale Eintauchen in die Politik und das Weltgeschehen durch "Social Gospel". Reinhold Niebuhr suchte vielmehr einen Mittelweg indem er eine politische Philosophie auf Basis des christlichen Glaubens entwickelte. -

In seiner ersten umfassendere Schrift "Moral Man and Immoral Society", die 1932 erschien, kritisierte Niebuhr den liberalen Protestantismus sehr massiv. Für Niebuhr musste eine angemessene soziale Ethik auf dem Fundament einer umfassenden Gerechtigkeit aufbauen. Da aber die Gesellschaft aus Machtblöcken besteht, kann Gerechtigkeit nur in einem Gleichgewicht der Kräfte existieren. Gerechtigkeit war für Niebuhr das höchste ethnische Ideal für Gruppen, während er die Liebe als fundamentale Regel für den Einzelnen betrachtete.-  Niebuhr schrieb: „Unter den vielen Schwächen der protestantischen Bewegung ist ihre Gleichgültigkeit gegenüber der sozialen Substanz der menschlichen Existenz die bedauerlichste. In einer Industriegesellschaft und im Zeitalter der nuklearen Bedrohung muss eine Erneuerung der Kirche die Erkenntnis beinhalten, dass wir alle verknüpft sind in die Tugenden und Laster, die Schuld und die Hoffnung in unsere Generation. In gewisser Weise trifft es zu, dass wir nicht gerettet werden können, solange wir nicht alle gerettet sind.“ Obwohl Reinhold Niebuhr im Laufe der Zeit etwas liberaler wurde, fürchtete er zeitlebens totalitäre Regierungsformen. Sein Misstrauen gegenüber dem Kommunismus basierte daher auch mehr auf der politischen Realität der Russischen Revolution und der Kommunistischen Partei denn auf eine Ablehnung der Philosophie von Karl Marx. - (d)

Obwohl Theologe war Reinhold Niebuhr sein ganzes Leben lang politisch aktiv gewesen. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Paul Tillich gestaltete Niebuhr die liberale protestantische Theologie der United States während der 1940-ziger und 50-ziger. Niebuhr war Mitbegründer der Aktion "Americans for Democratic" sowie der "Fellowship of Socialist Christians“. - Politisch war Reinhold Niebuhr ein sozialistischer, liberaler Pragmatist, eine ungewöhnliche Mischung aus orthodoxer Christlichkeit und liberaler politischer Überzeugung. Niebuhr kritisierte nicht nur den falschen Utopismus des Kommunismus, der zu Despotismus führe, sondern auch die selbstgerechte Anmaßung der USA, sich als auserwählte Nation zu fühlen. Auch ließ Niebuhr nie einen Zweifel daran, dass die militärische Antwort auf Hitler und damit auch das Eintreten der USA in den 2. Weltkrieg notwendig war. Gleichzeitig strengte er aber auch Überlegungen an, wie man solche Kriege vermeiden könne, und war Mitarbeiter am "Institute of War and Peace Studies" der Columbia University. Er war bemüht, die Dinge zu ändern, die er ändern konnte – mit den Mittel des Geistes, der Theologie und seinen Schriften, die in vor allem in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhundert recht zahlreich erschienen, wenn auch viele als Flugblätter und Denkschriften. - Reinhold Niebuhr bewarb sich für den Kongress, beriet das US State Department und diente als Delegierter bei der UNESCO. Im Grunde seines Herzes blieb er aber immer seinem christlichen Glauben verpflichtet; der christliche Glaube war sein Kompass der die Richtung seiner politischen Aktivitäten vorgab. (e)

vgl.:Michael Plothow, Demokratie und „christlicher Realismus“ in Zeitzeichen 6 / 2021, S. 25 ff


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers

Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 

<ç> Der Entwurf wird in vollem Umfang vorgeschlagen, doch soll und kann er entsprechend den aktuellen Corona-Regeln gestrafft werden.

[ ] Durch Klammern gekennzeichnete Stücke können entfallen

a vgl. wikipedia zu Reinhold Niebuhr - https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Niebuhr

b vgl. „Gelassenheitsgebet“ nach einer englischen Version

https://de.wikipedia.org/wiki/Gelassenheitsgebet

c vgl. L 3,130.

d https://www.gutzitiert.de/leben_und_werk_reinhold_niebuhr-politik_als_christliche_

naechstenliebe-lw16.html

e https://www.gutzitiert.de/leben_und_werk_reinhold_niebuhr-sozialistisch_liberaler_

pragmatist-lw14.html