30. Mai 2016
Hieronymus von Prag – Hussit und Märtyrer in Konstanz (rot)
Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. Offb 2,12
Abendgottesdienst mit Elementen der Vesper oder Taize-Gesängen
Begrüßung
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. G: Amen.
Wir gedenken heute an Hieronymus von Prag, der vor 600 Jahren, - wie sein Mitstreiter Jan Hus knapp ein Jahr zuvor - am 30. Mai 1416 in Konstanz (jetzt zu Baden-Württemberg gehörig) auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verurteilt und verbrannt wurde. „Von Meister Hieronymus, meinem geliebten Gefährten, habe ich nichts weiter gehört, als dass er in dunklem Kerker liegt, den Tod erwartend, genauso wie ich.“, schrieb Jan Hus am 10. Juni 1415 über seinen Freund und Unterstützer Hieronymus von Prag. Er war 1415 nach Konstanz gekommen, um seinen Freund Jan Hus zu unterstützen. Als ihm klar wurde, wie gefährlich sein Aufenthalt in der Konzilsstadt für ihn werden könnte, verließ er sie bald wieder. Er wurde allerdings abgefangen, nach Konstanz zurückgebracht und eingekerkert. Am 23. September 1415 sagte er sich von dem bereits verbrannten Hus und den als ketzerisch verurteilten Lehren Wyclifs los, in der Hoffnung, so einer Verurteilung zu entgehen. Im Mai 1416 jedoch widerrief er diese Absage, weil er gegen sein Gewissen gesündigt habe. Am 30. Mai 1416 wurde auch Hieronymus von Prag in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Gemeinsam mit Jan Hus wurde er zum Märtyrer des hussitischen Böhmen. (a)
[ Lied: Sonne der Gerechtigkeit (EG 263 in Auswahl) ]
Eröffnung
mit Ingressus: Herr, bleibe bei uns (EGWü 781.1 )
oder Taizegesang: Oculi nostri ad Dominum Deum (EGWü 787.6)
Psalmodie (gesungen)
Antiphon: Erbarme dich meiner, Herr, und vernimm die Stimme meines Fehens
Psalm 91 – Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt (EG Wü 782.4)
oder
Psalmgebet (gesprochen)
Votum: Christus spricht: Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. Joh 8,31.32
Psalm 119 – Wohl denen, die ohne Tadel leben (EG 748)
[ Tagesgebet
Du unser Gott, um deines Evangeliums willen, haben Menschen [wie Hieronymus von Prag] ihr Leben eingesetzt. Halte ihr Gedächtnis in deiner Kirche wach und mache uns stark im Glauben, dass auch wir mit unserem Leben und Sterben den Sieg deines Sohnes über Sünde und Tod bezeugen. Dir sei Ehre in Ewigkeit.(b) ]
Schriftlesung: 2. Timotheus 2,8-13 – Halt im Gedächtnis Jesus Christus ...
Antwortgesang
mit Responsorium: Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte (EG Wü 781.3)
oder Taizegesang: Unsere Augen sehen stets auf den Herren (EG Wü 787.6)
Evangelium: Markus 8,34-38 – Wer mir nachfolgen will ...
Antwortgesang
mit Responsorium: In deine Hände, Herre Gott, befehle ich meinen Geist (EG Wü 782.7)
oder Taizegesang: Bleib mit deiner Gnade bei uns (EG Wü 787.8)
Betrachtung oder Vita (c)
Lied: Singen wir heut mit einem Mund (EG 104,1-3)
[ Magnificat
als Canticum: Christus, unsern Heiland, ewigen Gott, Marien Sohn ... (EGWü 781.6)
oder Taizegesang: Magnificat (EGWü 573) ]
Fürbitten
Barmherziger Gott und Vater, wir gedenken an diesem Tag des Theologen Hieronymus von Prag, der vor 600 Jahren – vom Konzil in Konstanz als Ketzer verurteilt - den Tod auf dem Scheiterhaufen erleiden musste. Wir bitten um Vergebung für alles Leiden, das ihm, seinen Mitstreitern und Anhängern zugefügt wurde. Wir sind beschämt, dass in der Geschichte der Kirche soviel Unrecht, Machtmissbrauch und Grausamkeit geschehen ist. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Heute sehen wir Hieronymus von Prag inmitten der Wolke der Zeugen aus allen Nationen, Völkern, Sprachen und Kulturen, mit deren Leben und Sterben du, Gott, uns so viel anvertraut hast. Du lässt uns den Reichtum des Glaubens entdecken, Zeichen von Glaubensmut erkennen, Hinweise auf deine Gerechtigkeit sehen, Erfahrungen deiner Gnade im Leben und im Sterben finden. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Ermutige uns durch ihr Beispiel, wo sie deinen Zusagen mehr trauten als den Versprechungen der Mächtigen, wo sie alles auf deine Barmherzigkeit setzten und sich nicht beirren ließen durch Drohungen oder Angst, wo sie ihren Gewissen folgten und standhaft blieben trotz der Gefahr, unter dem Schein des Rechts verurteilt zu werden. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Unser Glaube ist oft klein, unser Hoffen kurzatmig, unsere Liebe schwach. Stärke uns mit dem Glaubensmut derer, die für deine Wahrheit ihr Leben einsetzten. Sieh nicht auf unsere Gleichgültigkeit und unser Versagen, sondern wecke uns auf durch das Eintreten der Glaubenszeugen für dich. Lehre uns ihre Treue zum Evangelium, die sich durch nichts zerstören ließ. Zeige uns ihr Nein, wo sie zur Lüge gezwungen werden sollten. Mache uns Mut durch ihrem Widerstand gegen das Böse. Lass uns wie sie Barmherzigkeit üben, in Sanftmut Hass überwinden und Frieden stiften, wo der Streit entzweit. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Barmherziger Gott und Vater, wenn wir auf die Zeugen des Glaubens blicken und ihr Vermächtnis vernehmen, dann klingt uns das Lob deiner Kraft und Gnade entgegen. Wir stimmen ein in den Lobpreis derer, uns vorangegangen sind und die du aufgenommen hast in dein ewiges Reich. So gehen wir unsere Wege fröhlich und getrost in der Nachfolge deines Sohnes bis wir aufgenommen werden in die Gemeinschaft der Vollendeten. Wir rufen dich an: (d)
R: Kyrie eleison.
Vaterunser
Segensbitte
Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)
oder Taizegesang: Nichts soll dich ängsten (EGWü 574)
Segen
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus (+) Jesus. (Phil 4,7) G: Amen.
Vita
Hieronymus von Prag ist um 1379 in Prag geboren, sein tschechischer Name lautet Jeroným Pražský. Sein Leben war durch viele Reisen geprägt. Er studierte zunächst in Prag und erwarb 1398 an der Karls-Universität den Baccalaureus-Grad. Im Jahr 1399 reiste er nach Oxford, machte sich mit der Wyclifschen Lehre vertraut, schrieb dessen Bücher ab und verbreitete sie in Böhmen. Im Jahr 1403 reiste er bis nach Jerusalem. In den Jahren 1404 bis 1405 war er in Paris, studierte und erwarb den Grad magister in artibus und war als magister regens tätig. Im Jahr 1406 war er magister artium an der Kölner und Heidelberger Universität. Danach war er Magister an der Prager Universität. Er ezeigte sich als Anhänger von John Wyclif und war involviert beim Kuttenberger Dekret, dass den Einfluss der böhmischen „Nation“ an der Prager Universität vergrößerte. Im Jahr 1410 reiste er nach Buda und nach Wien und floh von dort wegen eines anhängigen Prozesses nach Böhmen. Er wurde mit dem Bann belegt. Im Jahr 1413 reiste er nach Krakau, wo er im Auftrag Königs Ladislaws von Polen die Errichtung einer Universität betrieb. Von dort besuchte er auch Litauen innerhalb des Königreichs Polen-Litauen und die Städte Witebsk, Pskow und Wilna. Er suchte Kontakt mit Vertretern der Orthodoxen Kirche. Hieronymus von Prag übte praktische Kritik an den kirchlichen Verhältnissen, so führte er in Prag auch dem Laienkelch ein. Poggio Bracciolini (Poggius Florentnus), einer der bedeutenden Humanisten der italienischen Renaissance. schilderte Hieronymus von Prag als einen Menschen mit großem Wissen, großer Beredsamkeit, vorzüglichem Gedächtnis, Schlagfertigkeit und Furchtlosigkeit. In einigen Ansichten war Hieronymus von Prag radikaler als Jan Hus selbst. Es war ihm ein wesentliches Anliegen, eine mögliche Kirchenreform auf Grundlage der ursprünglichen Überlieferung durchzuführen. Als spätmittelalterlicher Denker war er auch Verfasser philosophischer Schriften.
Als Jan Hus auf dem Konstanzer Konzil verhaftet wurde, eilte Hieronymus nach Konstanz, um ihn zu verteidigen. Er kam 1415 in Konstanz an, wurde von den Böhmen in Konstanz gewarnt und zog sich nach Überlingen zurück. Von dort beantragte er beim Konzil einen Geleitschein. Als er erfuhr, dass er verhaftet werden sollte, machte er sich auf den Rückweg nach Prag und wurde in Hirschau verhaftet und vom Herzog Ludwig von Bayern an das Konzil ausgeliefert. In einem Turm bei St. Paul an der Oberen Laube in Konstanz wurde er gefangen gehalten. Am 6. Juli 1415 wurde Jan Hus verbrannt. Vor der sicheren Gewissheit, auch auf dem Scheiterhaufen zu enden, widersprach Hieronymus von Prag den 45 Thesen von John Wycliff und den 30 Artikeln von Jan Hus. Aber er wurde weiter eingekerkert. Das Verfahren wurde neu aufgenommen. Hieronymus von Prag hielt seine Verteidigungsrede, und er distanzierte sich von seinem Widerruf. Er bekannte sich zu den Lehren von Wycliff und Jan Hus und geißelte Hochmut, Luxus und Pomp der Kirchenträger. Am 30. Mai 1416 wurde er verurteilt und an derselben Stelle wie Jan Hus in Konstanz verbrannt. Auf dem Scheiterhaufen wurden auch sein Bett, seine Kleidung und seine Habseligkeiten verbrannt. Die Asche wurde in einen Karren geschaufelt und in den Rhein geworfen. (e)
oder Artikel „ Hieronymus von Prag“ im Ökumenischen Heiligenlexikon
oder J. Erb, Die Wolke der Zeugen, Bd.
oder H. Achterberg, Zeugen des Evangeliums, Moes 1987, S.130 f
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
[ ] In Klammern gesetzte Stücke können entfallen
a vgl. http://www.konstanzer-konzil.de/de/news/718-hieronymus-von-prag
b vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 481
c siehe Anhang
d vgl. H.Ch.Knuth (Hg) Höre uns, Herr !, Gütersloh 1982, S. 163
e vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_von_Prag