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29. November 2016


Noah (blau #) – Erbauer der Arche, Retter der Menschen und Tiere

Noah fand Gnade vor dem HERRN, Er war ein frommer Mann und ohne Tadel zu seinen Zeiten, er wandelte mit Gott. Und Gott sprach zu ihm: Alles auf Erden soll untergehen. Aber mit dir will ich meinen Bund aufrichten. (1.Mos 6,8.9b.17b.18a)


In manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) wird nicht nur der Apostel und überzeugenden „Heiligen“ aus der Geschichte des christlichen Glaubens gedacht, sondern auch zu besonderen Tagen an herausragende Gestalten des Ersten Bundes erinnert mit dem, was von ihnen im Alten Testament (Tora, Prophetenbücher, Schriften – auch außerkanonisch) überliefert wird. Ihr Gedächtnis kann das „Thema“ für einen Wochen- Gottesdienst vorgeben. Dazu werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten.


Eröffnung (Begrüßung)
Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden.  (Ps 72,28.29) R: Amen.
Wir gedenken heute des biblischen Erzvaters Noah. Von ihm berichtet die theologische Lehrerzählung der Urgeschichte des Alten Testaments. Er war der Sohn von Lamech, Enkel von Methusalem, also die 10. Generation nach Adam, und zeugte im Alter von 500 Jahren seine Söhne Sem, Ham und Japhet (1.Mos 5, 27-32). Noah lebte als untadeliger Mann und fand (deshalb) Gnade vor Gott, als der beschloss, er werde die Menschen, „die ich geschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, denn es reut mich, dass ich sie geschaffen habe“ (1. Mos 6, 7). Noah bekam von Gott den Auftrag zum Bau der Arche mit 135 m Länge, 22,5 m Breite und 13,5 m Höhe, damit er und seine Frau mit seinen Söhnen und Schwiegertöchtern sowie je einem Paar (bzw. sieben Paaren, 1.Mos 7, 2) von allen Tieren vor der kommenden Sintflut gerettet werden (1.Mos 6, 14-20). Als Noah 600 Jahre alt war, kam die Sintflut und vernichtete alles Leben auf der Erde, nur die Insassen der Arche wurden gerettet. Nach dem Ende der Flut baute Noah einen Altar, brachte Dankopfer und bewog Gott zum Entschluss, er werde hinfort nicht mehr schlagen, was da lebt. „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (1.Mos 8, 21.22). Das Zeichen dieses Bundes, den Gott mit Noah und allen Lebewesen schloss, wurde der Regenbogen (1.Mos 9, 11-17). Noah wurde nach Ende der Sintflut und Landung der Arche am Berg Ararat der erste Weingärtner, alsbald durch den gegorenen Rebensaft selbst betrunken und vor seinen Söhnen entblößt. Sein Name dürfte mit seinem Beruf und der Wirkung des Weins zu tun haben. Im Alter von 950 Jahren starb Noah (1.Mos 9, 18-28). Im Alten wie im Neuen Testament gilt er als Vorbild des gerechten Glaubenden (Hes14,14. 20; Hebr11, 7).
Noachs Söhne gelten als Stammväter der verschiedenen Völkergruppen: Japhet, der zusammen mit Sem Träger der Segensverheißung war (1.Mos 9, 27), wurde der Urahne der Meder, der Griechen, der Menschen am Schwarzen Meer und am nördlichen Mittelmeer und der indogermanischen Völker (1.Mos10, 2 -5). Die Nachfahren von Ham, dem von Noah verfluchten Sohn, weil der seine Blöße nicht bedeckte, sondern ihn verpetzte (1.Mos 9, 22-25) sind die Ägypter und Araber, die Babylonier, die Assyrer, die Kreter und Philister, die Kanaaniter - also die späteren Feinde Israels. Sem, Noahs ältester Sohn, wurde Träger der Verheißung und Stammvater Abrahams und damit des Volkes Israel, dazu Ahnvater der Völker im Zweistromland, in Syrien und dem nördlichen Arabien, der Elamiter und Aramäer, also der semitischen Völker. (a)

(Lied: Nun lob, mein Seel den Herren (EG 289,1.2.4)


(oder)

Eröffnung (Ingressus): Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1)


Psalmgebet (gesprochen)

Votum: Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! Denn auf dich traut meine Seele und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis das Unglück vorübergehe. (Ps 57,2)

Psalm 36 – Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist (EG 719)


Tagesgebet 

Beten wir in der Stille zu Gott, der Bund und Treue hält ewiglich: - Stille - 

Gott, du erträgst nicht die Bosheit der Menschen, die du zu deinem Ebenbild erschaffen hast. Sie verdienen dein Gericht, doch deine Liebe bewahrt das Leben und birgt es in deinem Frieden. Du rettest Noah mit allem, was in der Arche war, und spannst den Bogen deines Segens über die ganze Erde. Das ist unsere Hoffnung in Zeit und Ewigkeit. (b)


Lesung (Altes Testament): 1. Mose  8,13-23 – Das Ende der Sintflut

oder ein anderer Abschnitt aus den Noah-Erzählungen


Antwortgesang: Mit Freude erfüllt mich dein Walten (EG Wü 781.4)


Lesung (Neues Testament): Hebräer 11,(5.6)7 – Durch den Glauben hat Noah Gott geehrt


Antwortgesang: Gelobt sei der Name des Herren (EG Wü 779.4)


Betrachtung  (c)


Lied: Herr, die Erde ist gesegnet (EG 512,1-4(5.6)


[ Canticum (d)

Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David.

Benedictus:  Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6) ]

 

Fürbitten
Ehre, Lob und Dank sei dir, ewiger und allmächtiger Gott. Die Himmel rühmen deine Herrlichkeit. Die Erde ist getragen von deinem Wohlwollen. Du hast verheißen sie zu bewahren nach deinem Bund mit Noah und allen deinen Geschöpfen. Deine Gerechtigkeit bringt das Recht unter die Menschen. Deine Wahrheit lässt uns mit Vernunft und durch Wissenschaft die Wirklichkeiten des Lebens erkennen. Deine Liebe führt uns und andere Geschöpfe im Begehren zusammen und sorgt dafür, dass das Leben auf diesem Planeten weitergeht. Geborgenheit, Freude und Glück soll uns erfüllen. Dankbar rufen wir dich an:

R: Kyrie eleison

In deiner Welt, Herr, wirken auch andere Mächte. Unrecht und Zwietracht, Gewalt und Hass gefährden den Frieden. Lügen, Ideologien, Visionen und Utopien verfälschen die Wahrheit und versprechen, was sie nicht halten können. Begierde nach Macht und Besitz, Vergewaltigung an Leib und Seele zerstören Vertrauen und Fürsorge zwischen Menschen. Weil wir alle diese Gefährdungen erfahren, rufen wir dich voll Sorge an:

R: Kyrie eleison

Herr, damit wir in deiner Welt gelungen leben können und brauchen deine Kraft. Weil du selbst heilig bist, willst du, dass auch wir heilig leben: Weder hochmütig, so dass wir auf andere herabsehen, noch verklemmt, so dass wir Lebenslust verdammen, und auch nicht ängstlich, so dass wir alles Unbekannte vermeiden. Dein Heiliger Geist erfülle uns und führe uns in ein Leben voller Freiheit, voller Freude, voller Frieden. Erwartungsvoll rufen wir dich an:

R: Kyrie eleison

Herzlich bitten wir dich für alle, die am Leben leiden:  für alle, die Unrecht erdulden müssen; für die, die von falschen Heilsversprechen verblendet sind; für die, die von ihren Süchten und Begierden getrieben werden; für die, die von Angst und von Hochmut besessen sind; für die, die alles haben wollen und nichts mehr glauben; für die, die reichlich satt sind und doch immer mehr Hunger haben; für die, die trotz guten Willens immer wieder von ihrer Schwäche überwältigt werden. Für sie alle bitten wir rufen wir dich an:

R: Kyrie eleison

Herr, hilf uns und hilf, dass wir auch anderen helfen. Heilig bist du und in deinem Namen haben wir alles Heil. In deiner Macht finden wir alle Heilung. So können wir leben, in deiner Welt, nach deinen Ordnungen, mit deiner Begleitung. Weil dir allein Dank und Lob, Ehre und Anbetung gebührt rufen wir dich an:

R: Kyrie eleison. (e)


Vaterunser


[ Schlussgesang: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)
oder Schalom chaverim (EG 434) ]


Segen

Möge Gott uns segnen im Zeichen des Regenbogens, den er in die Wolken gesetzt hat: Im Rot der flammenden Liebe, im Orange der kindlichen Freude, im Gelb der wärmenden Sonne, im Grün des aufkeimenden Lebens, im Blau des weiten Himmels, im Violett von Trost und Überwindung. Möge Gott unser aller gedenken nach seinem Bund mit der Erde (Der Schöpfer durch Christus im Heiligen Geist.) (f)

R: Amen.


Anhang


Die Gestalt des Noah im Neuen Testament

Bei Matthäus wird die Sintfluterzählung mit den Endzeitereignissen parallelisiert (Mt 24,32-42). Die urzeitlichen Ereignisse werden bestimmt als „Tage Noahs“, denen die „Ankunft des Menschensohnes“ in der Zukunft gegenübergestellt wird (Mt 24,37). Tertium comparationis ist das Überraschungsmoment des Erscheinens des Menschensohnes und des Flutbeginns für die, die sorglos und unbedacht ihr Leben leben. In dieser Perspektive leiten Noah und der Menschensohn eine Wende ein. Den Hörern des Matthäusevangeliums bleibt noch die Möglichkeit der Umkehr, so dass für die Gegenwart der Adressaten Wachsamkeit gefordert werden kann (Mt 24,42). 

In der synoptischen Parallelüberlieferung bei Lukas (Lk 17,22-37) wird der Aspekt der Vernichtung unter Einbezug der Lot-Sodom-Erzählung stärker hervorgehoben: Flut sowie Feuer und Schwefel bringen Vernichtung (Lk 17,27; Lk 17,29). Noah ist weniger Figur des Übergangs als der Scheidung: Wer sich angesichts der Endereignisse falsch entscheidet, der kann sein Leben nicht retten. Nur die bedingungslose Nachfolge führt zum Heil (Lk 17,33). 

Der Hebräerbrief ergründet das Wesen des Glaubens im Rückgriff auf die Heilsgeschichte (unmittelbarer Kontext ist: Schöpfung in Hebr 11,3; Abel in Hebr 11,4; Henoch in Hebr 11,5-6; Noah in Hebr 11,7; Abraham in Hebr 11,8-19). Das Noah-Bild knüpft analog zu Ez 14 an die priesterschriftliche Tradition des Frommen an, stellt allerdings dessen „Gehorsam“ in den Vordergrund, der als Grund für den Bau der Arche gilt und so die Rettung der Familie ermöglicht. „Gerechtigkeit“ wird zurückgeführt auf den Glauben, der sich von der Welt als Inbegriff des Unglaubens abkehrt. Sie ist nicht allein Gabe Gottes, sondern Folge des Verhaltens des Menschen. Gottes Zusage zur Welt wird nicht mehr wie in der Erzählung der Genesis als unabhängig vom Menschen gedacht. Durch seine Abkehr von der Welt im Glauben ist Noah exemplarisch gerecht. 

Der 1. Petrusbrief betont die Möglichkeit der Rettung in Rückgriff auf „die Tage Noahs“, indem die Wasser der Flut, aus dem wenige gerettet werden, mit dem Wasser der Taufe, die eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen sei, antitypisch überblendet werden (1Petr 3,18-22). Während beim Urgeschehen diejenigen, die nun „im Gefängnis“ sind, ungehorsam gewesen sind, sie also anders als die „acht Menschen“ nicht gerettet wurden, führt Ungehorsam durch Sterben und Auferstehen Jesu Christi nicht automatisch zum Verderben und Rettung steht sogar noch im Tod offen. Die Taufe kann retten, indem das Wasser nicht als konkretes Reinigungsmittel von Schmutz, sondern als solches verstanden wird, das Rettung durch Gott ermöglicht. Auch wird an die Fluterzählung die Frage nach dem Gehorsam gebunden. Aber nicht der einzelne Gerechte steht der Menge gegenüber, sondern der Petrusbrief konkretisiert auf acht Menschen, Noah und seine Frau und die drei Noahsöhne Ham, Sem und Jafet, jeweils mit ihren Frauen. Während in der Rede Lamechs (Gen 5,28) Noah als Retter gedeutet wird, ist Noah hier Objekt der Rettung, und die Rolle des Retters wird ganz auf Jesus Christus verschoben. 

Im Kontext einer Gerichtslehre erscheint ein analoger Verweis auf Noah als den achten der Geretteten im 2. Petrusbrief (2Petr 2,4-10a). Ebenfalls mit Bezug auf di Sodom- und Gomorra-Erzählung und das Beispiel des gerechten Lot wird die Frage nach dem Bestehen im Gericht an die Gerechtigkeit gekoppelt. Noah gilt nun sogar als „Verkünder der Gerechtigkeit“ (2Petr 2,5). (g)


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in der schwedischen und finnischen Kirche sowie in einer Reihe amerikanischer Denominationen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich ist . (Es kann durch die Farbe der Kirchenjahreszeit ersetzt werden.)

[ ] durch Klammern gekennzeichnete Stücke können entfallen

a vgl. www.Heiligenlexikon.de zu Noach

b vgl.  VELKD, Gottesdienstfeiern von Palmsonntag bis Ostern (Agende II,1) - rg 21 -, Hannover 2008, S.179

c ggf. unter Verwendung der Informationen im Anhang

d Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der ostkirchlichen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis).

e vgl. M.Josuttis, Erleuchte uns mit deinem Licht, Gütersloh 2009, S.290-291

f R.B.

g vgl. www.Bibelwissenschaft.de Katrin Gies (2002), Artikel über Noah – Im Neuen Testament