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 9. November 2019


Gedenken der November-Pogrome 1938 (violett) Erinnerung und Umkehr

Wer weiß, Gutes zu tun, und tut’s nicht, dem ist’s Sünde Jak 4,7


Der 9. November soll künftig als alljährlicher Gedenktag begangen werden. „Seine Ordnung ist auf das Gedenken der Novemberpogrome 1938 ausgerichtet...“, erinnert also an die vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden im gesamten Deutschen Reich. Die Pogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland.


Es gibt bereits verschiedene Entwürfe zur Gestaltung dieses Tages, der im Zuge der Perikopenrevision neu eingeführt wurde. Der folgende Vorschlag folgt stärker dem Ablauf der überkommenen Liturgie und nimmt vor allem weitere kirchliche Anregungen auf. 



Vorspiel oder Stille 


Eröffnung (Begrüßung)

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. R: Amen.

Vor Gott, in seiner Gnade und Barmherzigkeit der Richter der Welt, gedenken wir heute der Grauen, die unser Volk über die Juden Europas gebracht hat: der Pogrome im Deutschen Reich am 9. November 1938, der unzähligen Demütigungen, die schon zuvor stattgefunden hatten, der Qualen der Ausgrenzung und der Deportationen, des himmelschreienden Elends in den Ghettos, der millionenfachen Morde in den Todesfabriken der Konzentrationslagern. Es fällt uns schwer, diese Verbrechen als Teil unserer Geschichte anzunehmen und zu begreifen, dass sie nie verjähren. Diese Wunde wird im Gedächtnis des jüdischen Volkes nie verheilen. Gott mache uns empfindsam für den bleibenden Schmerz der Überlebenden (und ihrer Nachkommen) und ihre leicht zu entfachende Angst. Er mache uns wachsam gegen alte und neue Feindbilder. Gott lasse uns aus der Erinnerung an das Böse Kraft zum Guten erwachsen.  (a) 

oder

Als Nachgeborene kommen wir vor heute zusammen, um der Novemberpogrome von 1938 zu gedenken. Wir spüren: die Geschichte der Judenfeindschaft hat auch mit uns heute zu tun. Wir fühlen, der Boden schwankt. Fassungslos erscheint uns, wie die Christen und Kirchen damals in das Geschehen verstrickt waren. Wir sehen den Widerspruch zwischen der Botschaft, die uns Christen anvertraut ist, und den Verhalten, das so oft ganz anders war und ist. Wir können kaum glauben, was damals in unserem Land geschehen ist, wir möchten schweigen, aber wir müssen reden. Wir suchen nach einem Ort für unser Gedenken. Wir wollen nicht vor den damals Leidenden davonlaufen. Wir spüren, die Gewalt von heute und gestern haben miteinander zu tun. So schmal der Grat. Wir brauchen Veränderung in Theologie, Kirche und Gottesdienst. Wir fragen nach Rat. Wir vertrauen auf Gott. (b) 


Lied zum Eingang: 


Psalmgebet

Votum: So spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen. Jes 57,15

Psalm 74 Gott, warum verstößest du uns für immer (EG.E 70) 

statt Gloria patri:  Agios o Theos - Heiliger Herre Gott (EG 185.4)

oder

Psalm 38 -  Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn (EG 721) 

statt Gloria patri:  Agios o Theos - Heiliger Herre Gott (EG 185.4)


oder 

Anrufung

Die Ereignisse des 9. November 1938 dürfen nicht vergessen werden, sondern es muss in in Erinnerung bleiben, was damals in unserem Land geschehen ist:
Ungefähr 1.200 Synagogen und Gebetshäuser wurden in der Nacht vom 9. / 10. November niedergebrannt. - 7.500 jüdische Geschäfte wurden zerstört. - Hunderte von Privatwohnungen wurden verwüstet. - 91 Menschen wurden ermordet. Viele Menschen starben noch Tage und Wochen später an ihren schweren Verletzungen, eine unbekannte Zahl wurde noch in dieser Nacht und in den darauffolgenden Tagen in den Selbstmord getrieben. - Über 30.000 jüdische Menschen wurden noch in dieser Nacht und in den darauffolgenden Tagen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Wir stellen uns dem, was geschehen ist; klagen und rufen:
G: Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich. Herr, erbarme dich. (EG 178.16)

Als Vorwand für die Novemberpogrome diente der NSDAP das Attentat des 17-jährigen polnischen Juden Herschel Grynszpan auf den deutschen Botschaftssekretär Ernst vom Rath  in der deutschen Botschaft in Paris. Grynszpan wollte mit seiner Tat auf die Deportation von 17.000 polnischen Jüdinnen und Juden aus Deutschland nach Polen aufmerksam machen. Unter ihnen waren auch seine Eltern gewesen.   - Die Täter in der Nacht vom 9. / 10. November waren meist Angehörige von SA und SS, die vielerorts in Zivilkleidung auftraten, um wie normale Bürger zu wirken und die übrige Bevölkerung zum „Volkszorn“ wegen des Attentats in Paris aufzuhetzen. - Die meisten Bürgerinnen und Bürger reagierten rat- und hilflos auf die sich bahnbrechende Gewalt. Die Feuerwehr hatte die Anweisung, nur die Nachbarhäuser aber nicht die brennenden Synagogen zu löschen und hielt sich in den meisten Fällen auch daran. – Wir stellen uns dem, was geschehen ist; klagen und rufen:

G: Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich. Herr, erbarme dich. (EG 178.16)

Die jüdischen Gemeinden mussten für das Abtragen des Schuttes selber aufkommen. - Nach dem 9. November wurde die „Arisierung“, also Zwangsenteignung, aller jüdischer Geschäfte und Betriebe angeordnet. - Die Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Jüdinnen und Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung und Ermordung in ganz Europa. Nach heutigen Schätzungen wurden bis zum Ende des 2. Weltkrieges etwa 5,7 Millionen Menschen aus allen besetzten europäischen Ländern systematisch ermordet – nur weil sie jüdischer Abstammung waren. (c)

Wir stellen uns dem, was geschehen ist; klagen und rufen:

G: Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich. Herr, erbarme dich. (EG 178.16)

Tagesgebet

Beten wir in der Stille zu Gott, dem Heiligen Israels, der das Leiden seines Volkes nicht vergisst: 

- Stille -

Ewiger Gott, Richter der Welt. Nicht nur einmal mussten jüdische Menschen die Zerstörung ihrer Gotteshäuser beweinen. Nicht nur einmal hat die Gewalttätigkeit der Feinde ihr Leben zerstört und sie in Angst versetzt. Nicht nur einmal wurden unzählige von ihnen ermordet. Doch du Gott, du Heiliger Israels, vergisst das Leiden deines Volkes nicht. Du hast alle seine Tränen gesammelt und wirst seine Peiniger zur Rechenschaft ziehen. Gott, vor dir können wir die Schuld unserer Kirche nicht verbergen: die jahrhundertelange Missachtung und Verfolgung der jüdischen Gemeinschaft, das Schweigen, wo Widerstand nötig gewesen wäre. Vergib uns, gerechter Gott, um deiner Barmherzigkeit willen und stell uns deinem Volk in neuer Achtsamkeit zur Seite. (d)

oder

Wir bringen an diesem Tag vor dich, Gott, die Opfer der Novemberpogrome von 1938 wie die Trauer um die Toten der Vernichtungslager in den folgenden Jahren. Wir bringen vor dich auch das Entsetzen über die Unmenschlichkeit der Peiniger. Wir tasten nach Worten, wenn wir davon reden wollen,  und

finden oft keine, die uns angemessen erscheinen. Bewahre uns vor Oberflächlichkeit wie vor zu großen Worten. (e)

oder

Du Gott Israels und Vater Jesu Christi, wir sind hier vor dir versammelt, weil uns die Taten vor 80 Jahren keine Ruhe lassen. Menschen aus unserem Volk haben Juden, Menschen aus deinem Volk, angegriffen, Synagogen in Brand gesetzt, Tora-Rollen verbrannt, Geschäfte und Wohnungen zerstört, Menschen gedemütigt, gequält und getötet, weil sie Juden waren. Erschrocken macht uns der lodernde Hass. Waren nicht auch Christen und Christinnen dabei? Wieviel davon ist auch heute wieder zu hören? So sind wir gefordert und so bitten wir dich: Lehre uns, mutig gegen alle Stimmen der Judenfeindschaft, der Ausgrenzung und Menschenverachtung aufzutreten. Lass uns deine lebendige Stimme hören und öffne unsere Herzen für dich und füreinander. Sorge dafür, dass wir gestärkt, mutiger und klarer werden und gib, dass wir zuversichtlicher, freier und lebendiger sind, wenn wir auseinandergehen. (f)


Lesung (AltesTestament): Salomo, 24,10-12 – Errette, die man zum Tode schleppt


Antwortgesang:  Nimm von uns Herr, du treuer Gott (EG 146,1.2)

Epistel: 1. Petrus 5,8.9 (II) Widersteht eurem Widersacher, dem Teufel


Antwortgesang:  Ach Herr Gott, durch die treue dein (EG 146,3.4)


Evangelium: Markus 14,66-72 (I) ... und Petrus fing an zu weinen


Antwortgesang: Leit uns mit deiner rechten Hand (EG 146,5)


Ansprache / Predigt zu  Markus 14,66-72 (I) ... und Petrus fing an zu weinen (g)


Besinnung (Musik oder Stille oder Lied)


Bekenntnis (Klagepsalm)

HERR, höre mein Gebet  (Ps 102,1)

R: und lass mein Schreien zu dir kommen!

In Stille erinnern wir vor Gott das Grauen, das unser Volk seit den Novemberpogromen 1938 über die Juden Europas gebracht hat:

Verbirg dein Antlitz nicht vor mir in der Not. Denn meine Tage sind vergangen wie ein Rauch und meine Gebeine sind verbrannt wie von Feuer. Täglich schmähen mich meine Feinde, und die mich verspotten, fluchen mit meinem Namen. Denn ich esse Asche wie Brot und mische meinen Trank mit Tränen. (Ps 102,3a.4.9.10)

Psalm 102 - ohne Doxologie – Du, Herr bleibst ewiglich (EG.E 86)


Fürbitten (mit Entzündung von Kerzen)
Lasst uns beten. (Nach jeder Bitte entzünden wir eine Kerze als Zeichen für den Heiligen Geist, der uns mit seinem Licht im Alltag leiten möge.)
Lebendiger Gott, du hältst deinem Volk Israel bis heute die Treue. Durch Jesus Christus sind wir mit deinem Volk verbunden. Durch Jesus haben wir Anteil an deinen Verheißungen. Hilf, dass wir uns gegenseitig wahrnehmen und annehmen können als deine wertvollen Geschöpfe und geliebten Kinder. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, gib uns deinen Frieden … (gesungen, EG 436) - 1. Kerze wird entzündet
Lebendiger Gott, mit Erschütterung haben wir das Leid vor dir ausgesprochen, das durch unsere Vorfahren in den Jahren der Nazi-Zeit über jüdische Männer, Frauen und Kinder gebracht wurde. Wir bitten dich für sie und auch für ihre Kinder und Kindeskinder, die bis heute an den Bildern des Schreckens und des Todes leiden, die Schmerz und Angst immer wieder neu überfällt. Wir rufen zu Dir: Gemeinde: Herr, gib uns deinen Frieden … (gesungen, EG 436) - 2. Kerze wird entzündet
Lebendiger Gott, bis heute werden Menschen ausgegrenzt, werden verachtet, weil sie anders sind, anders denken, anders glauben. Lass uns mutig an der Seite derer stehen, die unsere Solidarität brauchen. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, gib uns deinen Frieden … (gesungen, EG 436) - 3. Kerze wird entzündet
Lebendiger Gott, schenke den Menschen in Israel und in Palästina einen dauerhaften Frieden, der allen Menschen ein Leben in Würde und Sicherheit ermöglicht, seien sie Juden, Muslime oder Christen. Für alle Regionen dieser Erde, in denen Konflikte und Kriege toben bitten wir dich: Setze den Verhärtungen und dem Hass unter den Menschen ein Ende. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, gib uns deinen Frieden … (gesungen, EG 436) - 4. Kerze wird entzündet
Lebendiger Gott, lass uns mit den jüdischen Brüdern und Schwestern und allen Menschen guten Willens nach unserer gemeinsamen Verantwortung in dieser Welt fragen. Gib uns den Mut und die Tatkraft, uns einzusetzen für die Bewahrung der Erde und die Stärkung des Friedens. Wir rufen zu dir: Gemeinde: Herr, gib uns deinen Frieden … (gesungen, EG 436) - 5. Kerze wird entzündet
Das erbitten wir von dir, Gott, dem Vater, unserer Lebensquelle, im Vertrauen auf Jesus Christus, unserer Hoffnung und durch sein Wirken im Heiligen Geist, unserer Kraft: (h)

Vaterunser


Lied zum Ausgang:  Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn  (EG. E 30  oder EG Wü 658,1-4)

oder ein anderes Lied


[ Abkündigungen ] -  Aufruf

Wir können heute die Ereignisse von damals nicht ungeschehen machen. Aber wir können uns eingestehen, dass wir nicht frei sind angesichts der Verstrickungen, in denen wir uns befinden. Doch wir stehen unter der Zusage unseres Herrn, Jesus Christus:  „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch freimachen“. 
Lasst uns in dieser Zuversicht aus dem Gedenken eine Wachsamkeit für heute gewinnen.
– Wachsamkeit gegenüber den Nachfahren der Opfer.
– Wachsamkeit gegenüber Menschenrechtsverletzungen, die sich in unserem Ort, in unserer Stadt innerhalb unseres Blickfelds ereignen.
– Wachsamkeit gegenüber einem Wiederaufleben der alten nationalistischen Muster in neuem Gewand!
– Wachsamkeit gegenüber der Diskriminierung anders denkender oder anders gläubiger Menschen.  Lasst uns als Zeichen unserer entschlossenen Wachsamkeit einander die Hand reichen und den Frieden zusprechen! (In der Gemeinde gibt man sich ein Zeichen des Friedens) (i)

Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich - EG 421 ]


Segenswunsch

Der Herr segne uns mit allem Guten und bewahre uns vor allem Bösen. Er erleuchte  unsere Herzen mit der Einsicht, die zum Leben führt. Und er begnade uns mit ewiger Erkenntnis und erhebe sein huldvolles Angesicht für uns zum ewigen Frieden. (k)


Nachspiel oder Stille


Zur Gestaltung einer Abendmahlsfeier nach Oberdeutscher Form


Bußgebet

Barmherziger Gott. Es ist in unserem Volk und durch Menschen aus unserem Volk geschehen: Die Gotteshäuser der Juden gingen in Flammen auf, Mitbürger in Angst und Schrecken versetzt; Menschen in Verzweiflung und Tod getrieben. Auch Christen aller Kirchen sahen zu, nur wenige taten etwas. Gutes wurde unterlassen und Böses getan. Zu dir, Gott, rufen wir:

G:  Herr, erbarme dich.

Barmherziger Gott, in deiner Hand sind alle, die durch Schuld der Menschen haben sterben müssen. Die wir nicht kennen, du kennst sie. Ihrer gedenken wir in dieser Stunde, der unschuldigen Opfer von Rassenwahn und Unmenschlichkeit. - Stille -

Zu dir, Gott, rufen wir:

G:  Herr, erbarme dich.

Barmherziger Gott, wo keine Entschuldigungen oder gar Ausreden verfangen, wo wir ratlos sind und die abgründigen Tiefen des Menschen erkennen, da rufen wir aus der Tiefe unserer Not zu dir. Von deiner Gnade und unverdienten Barmherzigkeit erhoffen wir neuen Beginn mit all denen, die durch unser Volk gelitten haben. Zu dir, Gott, rufen wir: (l)

G:  Herr, erbarme dich.

Zuspruch der Vergebung
Die Barmherzigkeit des HERRN hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und seine Treue ist groß. (Klgl 3,23) Der allmächtige Gott hat sich uns zugewandt in Jesus Christus, durch den die Macht von Sünde und Tod überwunden ist. Aus seiner Vergebung können wir leben. Um seinetwillen dürfen wir des Erbarmens Gottes gewiss sein. In seinem Auftrag verkündige ich euch diese Vergebung eurer Sünde im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. G: Amen.


Lied:
Und suchst du meine Sünde (EG 237,1-3)

Abendmahlsgebet

Wir preisen dich, Herr: Was du, allmächtiger Gott, geschaffen hast, überlässt du nicht der Sünde und dem Tod. Du hast Noah Gnade finden lassen und Abraham Nachkommen verheißen, durch Mose hast du den Bund mit deinem Volk Israel aufgerichtet und durch die Propheten hast du dein Volk gerufen, diesen Bund zu bewahren. Durch Jesus Christus rufst du uns alle zum Leben; er hat die Schuld der Menschen auf sich genommen; in ihm hast du die Welt versöhnt.

Einsetzungsworte

Sooft wir von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinken erfahren und bezeugen wir das Geheimnis des Glaubens:

G:  Deinen Tod, o Herr, verkünden wir … [EG 189]

Darum danken wir dir, Vater im Himmel, für das Leben deines Sohnes, für sein Leiden, für seinen Opfertod am Kreuz. Wir preisen seine Auferstehung, deinen Sieg über Unheil und Tod. Gib uns deinen Heiligen Geist, den Geist der Gnade und der Erkenntnis deines Willens. Heilige und erneuere durch ihn unser Leben. Segne diese Gaben zum  Brot des Lebens und zum Kelch des Heils. Vereinige uns im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung bis wir mit Israel und allen Menschen deines Wohlgefallens dein Freudenmahl feiern in der kommenden Welt. (m)


Dankgebet
 

Ewiger Gott, ach all dem Leid, das den Glieder deines erwählten Volke zugefügt worden ist, lässt du uns im Mahl deines Sohnes erfahren, dass deine Gnade und Treue Christen und Juden verbindet. Erhalte uns dein Erbarmen und die Hoffnung auf dein Reich, in dem alle deine Kinder dich loben werden in Ewigkeit. (n)


Gestaltung einer Buß-Vesper mit dem Evangelischen Tagzeitenbuch


Ps 74  Erhebe dich, o Gott tzb 351

Ps 79 Hilf uns, du Gott unsres Heiles. Vergib uns ... tzb 355

Ps 102 A HERR , höre auf mein Beten tzb 353

Resp AT HERR weise mir deinen Weg tzb 219

Resp Ep Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz tzb 519

Resp Ev Wir haben gegen dich gesündigt   tzb 521

Statt Hymnus und Magnificat:

Ps 51  An dir allein habe ich gesündigt tzb 900

Kyrie-Tropos   Kyrie, Vater allerhöchster Gott tzb 901


Anhang


Aus der Gemeinsamen Erklärung zum 70. Jahrestag der November-Pogrome
durch die Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz vom 7.11.2008:

Der 9. November 1938 steht „für Hass und Gewalt, für Niedertracht und das Erblinden des Gewissens. Er war ein Widerruf jener Freiheitsversprechen, mit denen die erste deutsche Republik einst angetreten war, und bedeutete für die deutschen Juden, dass sie keine sichere Heimstatt im eigenen Lande mehr besaßen. In den November-Pogromen von 1938 wurden wehrlose Menschen gedemütigt, gepeinigt und ermordet, Gotteshäuser geschändet und zerstört. Die schrecklichen Bilder von brennenden Synagogen haben sich in unser Gedächtnis gebrannt. Sie lehren auch heute: Wo es keinen Respekt vor dem Heiligen und dem für den menschlichen Zugriff Unverfügbaren gibt, dort gibt es auch keinen Respekt vor den Menschen.

Die Pogrome waren nicht nur bewusst geplant, sondern ihnen gingen auch Jahre der propagandistischen und politischen Vorbereitung voraus – eine Zeit der offenen antisemitischen Hetze, der systematischen rechtlichen Ausgrenzung, menschenverachtenden Diskriminierung und Verfolgung. Die November-Pogrome waren zugleich der Auftakt zum Holocaust, zu einer Epoche ungeahnter Zerstörung und Vernichtung, an deren Folgen Europa, die Welt und vor allem die jüdische Gemeinschaft noch heute zu tragen haben. Unzählige Menschen sind Opfer des Nationalsozialismus geworden. Anlässlich der Pogrome des Jahres 1938 richtet sich unser Gedenken besonders auf die Juden, deren systematische Verfolgung und Ermordung ein beispielloses Menschheitsverbrechen darstellen. Ihr Leiden, ihre Einsamkeit und ihre Verzweiflung angesichts einer Gewaltmaschinerie, die mit Demütigung und Entrechtung begann und mehr und mehr von absolutem Vernichtungswillen angetrieben wurde, erfüllen uns mit Bestürzung und Trauer. ..

Unsere Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 würde ins Leere laufen,  wenn wir sie nicht mit der Frage nach der praktischen Solidarität verbänden, die wir den in unserer Zeit zu Unrecht Verfolgten und den Opfern von Gewalt schulden. Leider sind Antisemitismus und Rassismus auch heute nicht überwunden. Auch in Europa prägen Ausgrenzung und Diskriminierung den Alltag vieler Menschen. Die Sünde der Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid der Anderen stirbt nicht aus. Allzu schnell legt sich der Schleier der Abgrenzung über unsere Augen und versperrt die Sicht auf das Antlitz des Nächsten. Jedem Menschen, gleich welcher Hautfarbe, Volkszugehörigkeit oder Religion, ist das Bild Gottes eingeprägt. Keiner darf preisgegeben werden. Davon in Wort und Tat Zeugnis abzulegen, sind wir als Christen in besonderer Weise gefordert. Die Erinnerung an die Schreckensnacht und ihre Folgen ist gerade auch heute, da die Zeitzeugen allmählich verstummen, von großer Bedeutung. Mahnt sie uns doch, alles zu tun, um eine Gesellschaft in Freiheit und gegenseitiger Achtung zu gestalten, die sich ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen stellt. (o)

*

Aus dem Perikopenbuch zur neuen Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder (2018)

Auch heute laden wir durch eigene Untätigkeit wider besseres Wissen Schuld auf uns; wenn wir uns nicht für andere einsetzen, weil wir negative Konsequenzen für unser Leben fürchten, oder wenn uns das Schicksal anderer Menschen gleichgültig lässt. Die Texte und Lieder des Tages [zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938] beschönigen nichts, stellen uns aber in tröstlicher Weise Menschen wie Petrus an die Seite, den Jesus trotz seiner Schuld nicht verstößt (Joh 21,15.19)

Der Gedenktag erinnert an die Verbrechen in der Nacht vom 9. Auf den 10. November 1938, als zahlreiche Synagogen und andere jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt wurden. Tausende Jüdinnen und Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sind geschätzt sechs Millionen Menschen der staatlich verordneten Judenvernichtung unter der nationalsozialistischen Herrschaft zum Opfer gefallen.

Der 9.11. gilt als ‚Schicksalstag’ der deutschen Geschichte. Er markiert neben dem Terror gegen die jüdische Bevölkerung (1938) auch den Beginn der ersten deutschen Republik (1918) und dem Fall der Berliner Mauer (1939). In Parlamenten werden Reden gehalten, an Gedenkstätten Kränze niedergelegt, in jüdischen Gemeinden die Namen von Opfern verlesen. Der Tag ist damit sowohl ein Aufruf, das Geschenk von Demokratie und Freiheit zu würdigen, als auch eine bleibende Mahnung, von Anfang an entschieden und unzweideutig Farbe zu bekennen, wenn in unserer Gesellschaft oder in anderen Ländern Menschen benachteiligt, missachtet oder bedroht werden. (p)


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

 [ ] In Klammern gesetzte Stücke können entfallen

a vgl. Ergänzungsband zum Württembergischen Gottesdienstbuch, Stuttgart 2004, S. 138 -

Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 153 (S. Bukowski)

b vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdekade 2018, S. 26

c vgl.  Gedenke - Gedenkgottesdienst 2013 (Ev. Kirche von Hessen und Nassau), S. 6

d vgl.  Ergänzungsband zum Württembergischen Gottesdienstbuch, Stuttgart 2004, S. 137 -

Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 152 (S. Bukowski)

e vgl. Ergänzungsband zum Württembergischen Gottesdienstbuch, Stuttgart 2004, S. 138

f vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdekade 2018, S. 27

g hier könnten Texte wie im Entwurf „Erinnerung und Verantwortung“ im Entwurf der ACK Baden-Württemberg zum 9. November 2018  einbezogen werden

https://ackbw.de/html/content/gedenken_novemberprogrome.html?t=n5rpe7u918a0r481s63t3v22t6&tto=b83b0248&&

z.B. aus der Gemeinsamen Erklärung von EKD und Bischofskonferenz (2008) (s. Anhang)

z.B. Berichte von örtlichen Geschehnissen; 

z.B. Texte aus dem Heft „Erinnerung und Umkehr“ der ACK Baden-Württemberg von 2018

h vgl. Entwurf „Erinnerung und Verantwortung“ ACK Baden-Württemberg 2018 (s.o.)

i vgl. Entwurf „Erinnerung und Verantwortung“ ACK Baden-Württemberg 2018 (s.o.)

k vgl. Hessische Agende, Darmstadt 2001, S. 390 (nach Klaus Berger, Psalmen aus Qumran, 

Stuttgart 1994, S. 19)

l vgl. Ergänzungsband zum Württembergischen Gottesdienstbuch, Stuttgart 2004, S. 137-

Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit, München 1988

m vgl. Württembergisches Gottesdienstbuch I, Stuttgart 2004, S. 374

n vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch , Berlin 2000, S. 451

o vgl. http://www.ekd.de/download/erklaerung_novemberprogrom.pdf

p vgl. (Hg) Liturgische Konferenz für die Evangelische Kirche in Deutschland

Perikopenbuch zur neuen Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder (2018)

Bielefeld / Leipzig 2018, nach S. 662