21. Oktober 2013
Joel, Hosea, Obadja (blau #) Propheten des Gerichts
So spricht Gott der HERR: Ich rede wieder zu Propheten, und ich bin's, der viel Offenbarung gibt und durch die Propheten sich kundtut. (Hos 12,11)
In manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCAMS) wird nicht nur der Apostel und überzeugender „Heiliger“ aus der Geschichte des christlichen Glaubens gedacht, sondern auch zu besonderen Tagen an herausragende Gestalten des Ersten Bundes mit dem erinnert, was von ihnen im Alten Testament (Tora, Prophetenbücher, Schriften) überliefert wird. Zum christlichen "Gedenken der Heiligen" wird häufig auf die "Wolke der Zeugen"" nach Hebräer 12,1 hingewiesen; doch da sind es eben Abel, Henoch, Noah, Abraham und Sara etc. etc., die namentlich genannt werden. So kann deren Gedenken berechtigterweise das „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst in evangelischer Tradition abgeben. (Auch König David wird in der Confessio Augustana, Art. 21 als ein "Heiliger" angeführt, dessen Beispiel man folgen könne.) Entsprechend werden künftig immer wieder Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten. Durch Klammern [ ] gekennzeichnete Stücke können entfallen.
Eröffnung (Begrüßung)
Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden. (Amen.) (Ps 72,28.29) R: Amen
Wir begehen in dieser Woche den gemeinsamen Gedenktag dreier Propheten - Joel, Hosea und Obadja - , bei denen die Ankündigung des Gerichts Gottes besonders hervortritt, die aber historisch verschiedenen Jahrhunderten zuzuordnen sind. Hosea, der heute besonders im Mittelpunkt unseres Gedenkens steht, ist der älteste, dessen Name "Gott ist die Rettung" bedeutet, und er wirkte um 755 bis 725 in Israel. Er war ein gebildeter Mann, wohl Beamter am Königshof in Samaria, dem heutigen Shomron in Palästina -, verheiratet mit einer unzüchtigen Frau (Hosea 1), wohl einer Tempelhure; als symbolischer Akt sollte dies auf die sittlichen Verfehlungen des Volkes hinweisen. Rund dreißig Jahre lang wirkte er als Prophet zunächst im Nordreich Israel und kritisierte die kultischen Verfehlungen - insbesondere den Einfluss kanaanitscher Religion - und die Machtpolitik der Könige. Nach dem Fall des Nordreichs wirkte er im Südreich in Jerusalem. Am Ende heiratete er noch einmal, diesmal als Symbol der verheißenen Heilszeit (Hosea 3). Die Grundzüge des nach ihm benannten alttestamentlichen Prophetenbuches hat Hosea wohl selbst nieder geschrieben.
Die Lebensdaten des Propheten Joel, dessen Namen "Der HERR ist Gott" bedeutet, und auf den wir uns diesmal konzentrieren, sind schwer zu bestimmen. Er lebte wohl im 4. vorchristlichen Jahrhundert, wirkte in Jerusalem als Kultprophet und weckte im Volk die Hoffnung auf den “Tag JHWHs” als Offenbarung von Gottes Gericht und Gnade und als Aufrichtung der endgültigen Gottesherrschaft. Seine Ankündigung der allgemeinen Geistausgießung (Joel 3, 1 - 5) wurde von Lukas zur Deutung des Pfingstgeschehens herangezogen (Apostelgeschichte 2, 15 - 21). (a)
Obadja schließlich, dessen Name "Knecht des Ewigen" bedeutet, ist Autor des kürzesten Buches im Alten Testaments. Es gilt als besonders düster, [charakteristisch sind seine scharfen Worte gegen die Edomiter, die Nachfahren Esaus, mit der Ankündigung ihres Untergangs, dass sie Besitz und Land bis hinunter zum Negeb verlieren würden. Einzelne Sprüche stammen wohl auch der frühesten Exilzeit (nach 587 v.Chr.) ] Aus dem Buch Obadja wird für gewöhnlich nichts im evangelischen Gottesdienst gelesen. Die "geradezu hämische Begeisterung" (b) lässt sich vielleicht dadurch relativieren, dass "das Buch... auch in seinem kanonischen Kontext zu lesen (ist): vor dem Buch Jona, das von der unbegrenzten und unbegreiflichen Barmherzigkeit allen Völkern gegenüber erzählt." (c)
Lied: Wohl denen, die da wandeln (EG 295,1-4 )
(oder) Eröffnung (Ingressus): Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1)
Psalmgebet (gesprochen)
Votum: Ich will mich mit dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja in Treue will ich mich mit dir verlosen , und du wirst den HERRN erkennen. (Hs 2,21.22)
Psalm 25: Nach dir, Herr, verlanget mich (EG 713)
Tagesgebet
Beten wir in der Stille zu Gott, der durch seine Boten zur Umkehr ruft - Stille -
Gott, mit deinem Geist der Wahrheit, den die Welt niemals fassen kann, wecke unsere Herzen auf im Erschrecken vor deinem Kommen, erfülle uns mit Verlangen nach deinem Frieden und entzünde in uns die Sehnsucht, dein rettendes Wort zu verkünden. So bitten wir um deiner Verheißung willen. Dir sei Ehre in Ewigkeit. (d)
Lesung (Altes Testament): Hosea 11,1-9 - Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim
oder: Joel 3,1-5 - ... meine Geist ausgießen über alles Fleisch
Antwortgesang: Weise mir Herr, deinen Weg (EG Wü 779.3)
Lesung (Neues Testament): Römer 11,29-36 - Gottes Barmherzigkeit
oder Apostelgeschichte 2,14-21 - .... was durch den Propheten Joel gesagt worden ist ...
Antwortgesang: Fest wie der Himmel steht dein Wort (EG Wü 780.6)
Auslegung oder Betrachtung
Lied: Geist des Glaubens, Geist der Stärke (EG 137,1.2.9)
[ Canticum (e)
Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David.
Benedictus: Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6) ]
Fübitten
Gott, versage dich uns nicht, auch wenn wir Menschen sind, die oft versagen. Vielmehr komme du mit deinem Geist auf uns zu und erfülle und vollende, wie du es verheißen hast. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Lass nicht über uns kommen, was uns bedroht, was uns ängstigt und quält. Vielmehr komme du mit deinem Geist und breite deinen Frieden aus, der unser Begreifen übersteigt. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Lass nicht über uns kommen, was unser Miteinander als Brüder und Schwestern gefährdet. Vielmehr komme du mit deinem Geist und führe deine Rettung herauf, die uns dankbar werden lässt und der Liebe öffnet. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Lass nicht über uns kommen, was böse ist und böse macht und zur Vernichtung führt. Vielmehr komme du mit deinem Geist und bring mit dir das Leben, das den Tod nicht fürchten muss. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Wenn aber das uns bedroht, was sich ankündigt als Zeichen des Endes; wenn düster erscheint, was dir vorangeht; wenn Erschrecken sich breit macht und auch unsere Hoffnung gefährdet und unsere Erwartung niederdrückt, dann zögere nicht länger, dann komme mit deinem Geist und überwältige uns, dass uns das Herz froh und weit wird, weil du die Welt erneuern willst. Wir rufen dich an: (f)
R: Kyrie eleison.
Vaterunser
[ Schlussgesang: Unsern Ausgang segne Gott (EG 163)
oder Schalom chaverim (EG 434) ]
Segen
Möge die Kühnheit von Gottes Geist uns wandeln. Möge die Güte von Gottes Geist uns leiten. Mögen die Gaben von Gottes Geist uns erfüllen mit Weisheit und Zuversicht, dass wir hinausgehen in die Welt und Gott mit Eifer dienen. (g)
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie in der schwedischen und finnischen Kirche sowie in einer Reihe amerikanischer Denominationen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich
a vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon zu Hosea und Joel.
b vgl. P. Calvocoressi, Who's Who in der Bibel, Stuttgart 1993, S. 176
c vgl. U. Rapp in: Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh 2006, S. 985
d vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch, Berlin 2000, S. 345
e Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der orthodoxen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis); auch wird auf die "heiligen Propheten" ausdrücklich Bezug genommen.
f vgl. M. Meyer, Nachdenkliche Gebete, Göttingen 1988, S. 13
g vgl. Sinfonia Oeumenica, Gütersloh / Basel 1998, S. 790