9. Oktober 2017
Abraham und Sara (blau #) Stammeltern des Glaubens
Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden. (Gen 15,6 / Röm 4,3)
Zum christlichen "Gedenken der Heiligen" wird häufig auf die "Wolke der Zeugen"" nach Hebräer 12,1 verwiesen; wo eben Abel, Henoch, Noah, Abraham und Sara etc. namentlich genannt werden: Gestalten aus dem Alten Testament. Ihrer zu gedenken, - wie in manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) - kann berechtigterweise auch „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst in evangelischer Tradition abgeben. Entsprechend werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten.
Eröffnung (Begrüßung)
Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden. (Ps 72,28.29) R: Amen.
Wir gedenken heute an die Stammeltern des Gottesvolkes: Abraham und Sara. Abraham, Sohn des Tharah, der im Buch Sirach "als der hochberühmte Vater vieler Völker, der geehrt wurde wie kein anderer" (Sir 44,20) bezeichnet und im Neuen Testament immer wieder als "Vater des Glaubens" genannt wird, stammte aus Ur in Chaldäa, wanderte auf Geheiß Gottes mit seiner Frau Sara und seinem Neffen Lot aus mit unbekanntem Ziel “in das Land, das ich dir zeigen werde”; Gott verhieß ihm seinen Segen und reiche Nachkommenschaft (Gen 12, 1). Sie kamen nach Kanaan, wo Abrahm in Sichem - heute Ruinen in Tell Balata bei Nablus - und dann bei Bethel - dem heutigen Baytin - jeweils einen Altar errichtete.
Mehrere Verheißungen prophezeiten Abraham Nachkommen, aber Sara blieb unfruchtbar und gab Abraham ihre Magd Hagar, damit diese ihm Kinder schenke Ismael. (Gen 16). Eines Tages kamen drei Männer zu Abrahams Zelt, in ihnen erkannte er Engel Gottes, bat sie zur Fußwaschung und Rast unter seinen Baum, ließ eine Mahlzeit bereiten und erhielt die Prophezeiung, Sara werde trotz ihres hohen Alters noch einen Sohn gebären (Gen 18). Der Verheißung entsprechend wurde Isaak geboren. Als Isaak herangewachsen war, wurde Abraham auf eine Prüfung seines Gehorsams gestellt Auf Gottes Geheiß zog er nach Morija - der Überlieferung nach der heutige Tempelberg in Jerusalem -, baute einen Altar und legte Isaak als Opfer darauf, doch im letzten Moment ließ Abraham auf die Stimme Gottes hin das Opfermesser sinken, erblickte einen Widder im Dorngesträuch hängen und opferte diesen (Gen 22). Dieser “Gehorsam” Abrahams ist besonders im Islam hoch geachtet; zum Gedenken wird das Opferfest “Bairam” als wichtigstes Fest der Muslime gefeiert, bei dem jede Familie ein Schaf schlachtet. Abraham starb “alt und lebenssatt” mit 175 Jahren (7 x 5 x 5 - vgl. Zahlenmystik) und wurde von seinen Söhnen Isaak und Ismael neben Sara in der Höhle Machpela im späteren Hebron - dem heutigen Al Khalil in Palästina - bestattet (Gen25). Abraham gilt allen drei monotheistischen Religionen, - Judentum, Christentum und Islam - als Vater der Glaubenden.(a)
(Lied: Nun danket Gott, erhebt und preiset (EG 290,1-4.6)
(oder) Eröffnung (Ingressus): Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1)
Psalmgebet (gesprochen)
Votum: Gott, der HERR sprach zu Abram: Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein... und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden. (Gen 12,2.3)
Psalm 67: Gott sei uns gnädig und segne uns. (EG 730)
Tagesgebet
Allmächtiger Gott. Du hast Abraham mit seiner Frau Sara auserwählt und einen Bund geschlossen. Und er ist treu und gehorsam deinem Ruf gefolgt und konnte sich der Verheißung erfreuen, dass in ihm gesegnet seien alle Geschlechter auf Erden. Gib uns einen Glauben wie ihm und das Vertrauen, dass sich an uns deine Verheißungen erfüllen durch Christus, unsern Herrn. (b)
Lesung (Altes Testament): 1. Mose 12,1-9 - Abrams Berufung und Zug nach Kanaan
Antwortgesang: Weise mir Herr, deinen Weg (EG Wü 779.3)
Lesung (Neues Testament): Hebräer 11,8-16 - Durch den Glauben berufen
oder Römer 4,16b-22 - Wie Abraham aus dem Glauben leben
Antwortgesang: Gelobt sei der Name des Herren (EG Wü 779.4)
Auslegung oder Betrachtung( c)
Lied: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren (EG 317,1.2.5)
oder: Abraham, Abraham, verlass dein Land (EG 311,1-3)
[ Canticum (d)
Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David
Benedictus - Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6) ]
Fürbitten
Gott, mit deinem mächtigen Wort willst du auf dieser Erde wirken durch Menschen, die auf dich hören. Öffne unsere Ohren für deine Botschaft und bereite unser Herz, dass wir tun, was du vorhast, und gehen, wohin dein Ruf uns führt. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Lass uns aufbrechen wir Abraham, lass uns ausziehen aus unserer Sicherheit und Sattheit, aus Gewohnheit und Trägheit, lass uns hinausfinden aus unseren Sorgen und Ängsten aus unserer Verzweiflung und Mutlosigkeit. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Hilf uns aufzubrechen wie Abraham, auch wenn es schmerzlich wird und uns trennen müssen von dem, was uns lieb geworden ist. Hilf uns, auszuziehen ins Ungewisse hinein. Hilf uns hinauszufinden über das Gesicherte und uns zu verlassen auf dich. Wir rufen dich an: (e)
R: Kyrie eleison.
Wir bitten für alle, die gehindert werden, deinem Ruf zum Aufbruch zu folgen, weil sie von anderen bevormundet werden, weil Zwänge und Verhältnisse sie in ihrer Freiheit einschränken, weil sie niedergedrückt sind durch Trauer und Leid. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Wir bitten für alle, die nicht spüren oder sehen, dass sie umkehren sollen von verkehrten Wegen. Wir bitten für alle, die keine Aufgabe und keinen Sinn mehr in ihrem Leben finden können Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison.
Wir bitten dich, dass wir alle miteinander empfänglich werden für deinen Segen und erkennen wodurch wir selbst für andern zum Segen werden sollen. Wir rufen dich an: (f)
R: Kyrie eleison.
Mach licht die Dunkelheiten dieser Welt. Führe uns zur Klarheit. Lass unsere Hoffnung glaubwürdig sein. Vergib den Schuldigen. Stärke die Müden und Abgekämpften. Bestätige und weite unser Vertrauen. Überwinde Vorbehalte und Zweifel. Begleite die Bedrohten. Sei nahe den Kranken. Tröste die Sterbenden. Erwecke die Toten. Lass kommen dein Reich. Wir rufen dich an: (g)
R: Kyrie eleison.
Vaterunser
Schlussgebet
In Abrahams Spur finden wir dich, und in ihm wissen auch wir uns gesegnet. Öffne uns die Ohren für die Stimme, die ihn rief; leite unsere Füße auf seinem Weg; öffne unsere Augen für das Licht, das in Israel aufging und leg Davids Lied auch auf unsere Lippen. (h)
Schlussgesang: Unsern Ausgang segne Gott (EG 163)
oder Schalom chaverim (EG 434)
Segen
Der Segen des Gottes von Sara und Abraham, der Segen des Sohnes, von Maria geboren, der Segen des Heiligen Geistes, der über und wacht wie eine Mutter über ihre Kinder, sei mit uns allen. (i)
R: Amen.
Anhang
Abraham als aus Glauben Gerechtfertigter
Theologisch bedeutsam ist Abraham im Neuen Testament vor allem als Vorbild des Glaubens. Aufgrund seines Glaubens wird er gerechtfertigt (gerecht gesprochen). Die zentrale Argumentation findet sich im Römerbrief (Röm 4,1-25). Ausgangsvers ist für Paulus Gen 15,6: In aussichtsloser Lage (hohes Alter und Kinderlosigkeit) glaubt Abraham an die Verheißung Gottes, einen leiblichen Sohn zu bekommen, und das wird ihm als Gerechtigkeit angerechnet. Darauf baut Paulus die Argumentation, dass es allein auf diesen Glauben ankommt, um von Gott für gerecht befunden zu werden. Dies gilt für alle Menschen, nicht nur für die (beschnittenen) Juden, denn Abraham erhielt die Zusage von Gen 15,6, als er noch nicht beschnitten war. Daraus rechtfertigt Paulus seine „gesetzesfreie“ Heidenmission (ohne Verpflichtung auf das jüdische Ritualgesetz) und führt Gen 17,5, die Umbenennung Abrahams, an: Abraham ist zum Vater vieler Völker bestimmt. Mit der Heidenmission des Paulus kommt nun wieder der universalistische Zug in der Abraham-Rezeption in den Blick.
Eine analoge Argumentation vertritt Paulus in Gal 3,6-18 und unterstreicht erneut, dass ein Gerechtwerden vor Gott aufgrund von „Werken des Gesetzes“ allein nicht möglich sei, wobei Paulus auf Hab 2,4 zurückgreift: Der aus Glauben Gerechte wird leben (siehe auch Röm 1,17). Zugleich betrachtet Paulus Jesus Christus als Nachkommen Abrahams – Christus nun hat durch seinen Kreuzestod alle Menschen vom Fluch der Sünde freigekauft. Durch den Glauben an dieses Geschehen und die Person Jesu, der ja Nachkomme Abrahams ist, erhält jeder Mensch Anteil an den Verheißungen, die an Abraham ergangen sind (vgl. Gal 3,13-18): Diese sind unwiderruflich gültig – man wird Erbe dieser Verheißungen und erhält Anteil daran aber nicht „aus dem Gesetz“ (d.h. durch bloße Befolgung des Ritualgesetzes), sondern aufgrund der Gnade Gottes, wie Gott einst Abraham die Verheißungen ohne Vorbedingungen zugesprochen hat. Für die Argumentation des Paulus ist es entscheidend, dass Jesus Christus Nachkomme Abrahams ist, da es ihm so gelingt, über die Zugehörigkeit zu Christus auch die Heiden, die an Christus glauben, in den Bund und die Verheißungen Abrahams hinein zu nehmen (Gal 3,29).
In Fortsetzung dieser Argumentationslinie unternimmt Paulus in Gal 4,21-31 eine allegorische Auslegung der zwei Abraham-Söhne Ismael und Isaak. In eigenwilliger Umkehrung der üblichen Tradition assoziiert er das am „Gesetz“ ausgerichtete Denken (letztlich das Judentum: bei Paulus „irdisches Jerusalem“ genannt) mit Ismael, dem Sohn der Sklavin Hagar, während die an Christus Glaubenden (das „himmlische Jerusalem“) als „Söhne der Freien (Sara)“, als Kinder der Verheißung (wie Isaak) eingereiht werden. Zentral ist für Paulus hier der Gedanke der Freiheit der Christen gegenüber dem Gesetz. Dass hier keine antijüdische Auslegung vorliegt, zeigt Paulus in seinem Ringen um das Verhältnis zum Judentum in Röm 9-11, denn ihm ist klar, dass das junge Christentum die „Wurzel“ des alten Bundes, dessen Verheißungen gültig und bestehen bleiben, braucht.
Der Glaube Abrahams, der bei Paulus eine so herausragende Bedeutung hat, wird im Hebräerbrief ebenfalls als leuchtendes Beispiel herausgestellt, jedoch in eine lange Reihe von Glaubenszeugen eingereiht: Abel, Henoch, Noah, Isaak, Jakob, Mose, Rahab usw. (Hebr 11,1-12,3). Der gedeutete Geschichtsrückblick soll die Notwendigkeit des Glaubens betonen und zugleich auf den „Urheber und Vollender des Glaubens“, Jesus Christus, hinführen.
Im Jakobusbrief wird Abraham in einer Formulierung erwähnt, die zunächst wie ein krasser Widerspruch zur Argumentation des Paulus – gerechtfertigt allein aus Glauben – wirkt (Jak 2,14-26): Glaube ohne Werke ist nutzlos. Allerdings zeigt der Kontext, dass hier eine gänzlich neue Perspektive eröffnet wird. Bei den „Werken“ im Jakobusbrief geht es nicht wie bei Paulus um die Befolgung des Ritualgesetzes (Beschneidung, Speisegebote), sondern um die Werke der Barmherzigkeit, um konkrete Abhilfe der sozialen Not, von Hunger und Armut. Es wäre eine Fehlinterpretation der Lehre des Paulus, die Rechtfertigung allein aus Gnade ohne Werke so zu deuten, man müsse keinerlei Anstrengungen mehr für soziale Gerechtigkeit unter den Menschen unternehmen. Um diese Missdeutung auszuschließen, greift Jak 2,21-24 auf die Wendungen des Paulus zurück und auf die Deutung von Gen 22,1-19: Bei Abraham wirkten Glaube und Werke zusammen, und durch die Werke wurde der Glaube vollendet. Wenn hier gesagt wird, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein, so sind – aufgrund des Kontextes – das aufrichtige Handeln und das Eintreten für soziale Gerechtigkeit gemeint. Als erläuternde Parallele dazu wird Rahabs Tun (vgl. Jos 2,1-24; Jos 6,1-27) genannt, als sie den Israeliten dazu verhalf, Jericho zu erobern. Jak 2,23 zitiert ferner Jes 41,8, dass Abraham „Freund Gottes“ genannt wird. (f)
oder
Abraham – Der Gott vertraute, S. 10-12
Sara – Nichts ist unmöglich, S. 162-164
in: H. Bedform-Strohm, Die Personen der Bibel, München 2016
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers
Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
# als eigene liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte da adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in der schwedischen und finnischen Kirche sowie einer Reihe amerikanischer Denominationen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich
[ ] in Klammern gesetzte Stücke können entfallen
a vgl. www.Ökumenisches Heiligenlexikon zu Abraham
b vgl. Alternative Service Book (Church of England), Cambridge/London 1980, S. 408
c vgl. www.predigten-uni-goettingen.de zu Geneses 12,1-4 (I. Karle) Predigt "Glauben heißt aufbrechen und ein Segen für andere werden".zum 16. Juli 2006 (5. Sonntag nach Trinitatis)
oder unter Verwendung der Informationen im Anhang (k)
d Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der ostkirchlichen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis); zudem wird auf Abraham Bezug genommen.
e vgl. Gottesdienstpraxis, Serie A, IV, Bd. 2, Gütersloh 1994, S. 137 (H. Jürgenbehring)
f vgl. Gottesdienstpraxis, Serie A, IV, Bd. 2, Gütersloh 1988, S. 147 (E. Haug-Zapp)
g vgl. M. Meyer, Nachdenkliche Gebete, Göttingen 1988, S. 95
h vgl. Sytze de Vries, Tag für Tag - Gebete, Utrecht 2008, S. 25
i vgl. Reformierte Liturgie, Wuppertal 1999, S. 298
k vgl. www.bibelwissenschaft , Thomas Hieke, Artikel über Abraham