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6. Juli 2017


Prophet Jesaja (blau #) - Evangelist des Alten Bundes

Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König. (Jes 52,7)


Zum christlichen "Gedenken der Heiligen" wird häufig auf die "Wolke der Zeugen"" nach Hebräer 12,1 hingewiesen; da sind es eben Abel, Henoch, Noah, Abraham und Sara etc. etc., die namentlich genannt werden. Wie in manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) kann deren Gedenken berechtigterweise auch das „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst in evangelischer Tradition abgeben Entsprechend werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten. 


Eröffnung (Begrüßung)
Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden.  (Ps 72,28.29) R: Amen.
Wir gedenken heute des alttestamentliche Propheten Jesaja, dessen kirchlicher Gedenktag am 6. Juli ist. Sein Name bedeutet: Gott hilft bzw. Gott heilt. Wahrscheinlich ist er - als Märtyrer - nach 687 v. Chr. in Jerusalem gestorben. Jesaja stammte aus einer vornehmen Familie in Juda und genoss eine gute Ausbildung. Er war verheiratet und hatte mindestens zwei Söhne (Jes 7, 3;  8, 3). Im Todesjahr von König Usia 740/739 v. Chr. wurde er zum Propheten berufen (Jes 6, 1), er wirkte bis zum Einfall der Assyrer unter Sanherib 701 v. Chr. zur Zeit des jüdischen Königs Hiskia (Jes 36 - 39).  - Jesaja erhielt bei seiner Berufung zum Propheten (Jesaja 6, 9 - 13) einen doppelten Auftrag: er sollte die Verstockung des Volkes aufzeigen, ja herbeiführen. Darauf werde das Gericht folgen, bei dem nur ein kleiner Rest des Volkes übrig bleibe, mit dem Gott dann seine Heilsgeschichte zum Ziel führen kann (Jes 6, 13). Jesaja wird so auch zum Propheten des erwarteten großen Heils: Dies wird besonders deutlich in den Büchern, die nicht mehr von Jesaja selbst, sondern von seinen Schülern stammen (Jes 40 - 55, entstanden in der Exilszeit; Jes 56 - 66, aus der Zeit nach dem babylonischen Exil). Christen erkennen in den Ankündigungen des kommenden Heils (Jes 40, 3 - 5) und in den Liedern vom leidenden Gottesknecht (z. B. Jes 52, 13 - 53, 12) Hinweise auf Jesus Christus; Jesaja wird deshalb auch “der Evangelist des Alten Bundes” genannt.
Die Überlieferung berichtet von Jesajas Märtyrertod unter König Manasse (vgl. 2. Kön 21, 16), weil er es gewagt hatte, Jerusalem mit Sodom und Gomorra zu vergleichen (Jes 1, 10): Jesaja sei in einen hohlen Baum geflohen, den der König mit ihm habe durchsägen lassen (vgl. Hebr11, 37). (a)


(oder) Eröffnung (Ingressus): Herr, bleibe bei uns (EG Wü 781.1)


Psalmodie (gesungen)

Leitvers: Der Engel des Herrn behütet alle, die ihn fürchten

Psalm 34Ich will den Herrn loben allezeit (EG Wü 781.7)


Psalmgebet (gesprochen)

Votum:  So spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein. (Jes 30,15)

Psalm 145  - Ich will dich erheben, mein Gott, du König (EG 756)


Tagesgebet 

Beten wir in der Stille zu Gott, der seine Stimme hören lässt durch die Propheten:- Stille - 

Allmächtiger Gott. Du hast zu den Propheten gesprochen, dass sie deinen Willen und deinen Ruf zur Umkehr in Gericht und Trost verkünden. Erfülle die Wächter deiner Wahrheit mit deinem Geist, dass selbst durch das Zeugnis von Wenigen die Kinder der Erde sich dir zuwenden und mit den Heiligen in deiner Herrlichkeit zusammenfinden aus der Kraft Jesu Christi, unsres Herrn, des Retters der Menschheit, der mit dir und dem Heiligen Geist, ein Gott, lebt und regiert in Ewigkeit. (b)


Lesung  aus dem Alten Testament:  Jesaja 6,1-13 - Berufung Jesajas zum Propheten


Antwortgesang: Weise mir, Herr, deinen Weg  (EG Wü 779.3)


Lesung aus dem Neuen Testament: Matthäus 12,17-21 – Der Gottesknecht


Antwortgesang: Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte (EG Wü 781.3)


Betrachtung  (c)


Lied: Das Volk, das noch im Finstern wandelt (EG 20,1-6(7.8)


[ Canticum – Lobgesang des Zacharias (d)

Antiphon: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David.

Benedictus:  Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6) ]

 

Fürbitten

Ewiger Gott, immer wieder beten wir um das Kommen deines Reiches und die Verwirklichung dienes Willens. Deine Zukunft hast du durch all die Propheten verkünden lassen und mit Jesus - so glauben wir - ist dein Reich nahe herbeigekommen: hörbar im Gleichnis, vernehmbar in seinen Zeichen, erfahrbar auf seinem Weg über diese Erde. Wir spüren, wie es noch dunkel ist in uns und um uns; wie wenig wir bereit sind für sein Kommen, wie fern uns dein Reich ist. So rufen wir miteinander:

R: Kyrie eleison

Gott, du willst uns dennoch mitnehmen auf dem Weg zu deinem großen Ziel. Du gibst uns nicht auf und lässt uns nicht zurück in unseren Verstrickungen der Angst, des Sorgens und der Schuld. Für deine Zusage, dass du uns einbringen willst in dein ewiges Reich und dass du geduldig bist mit uns fraglichen Menschen - dafür danken wir und bitten zugleich und rufen:

R: Kyrie eleison

Wir bitten für die Kirche, wie sie über die Erde verstreut ist. Lass sie wachsen im Verständnis des Evangeliums. Lass sie wachsam sein gegenüber allem Unrecht. Lass sie zunehmen im Dienst der Liebe. Lass sie ohne Scheu deine Botschaft verkünden. - Wir rufen:

R: Kyrie eleison

Wir bitten für die Mächtigen, dass sie nach deinem Willen fragen und ihre Macht nicht missbrauchen. Wir bitten für Jung und Alt und alle Bereiche des öffentlichen Lebens um Verständnisbereitschaft und guten Erwartungen aneinander. - Wir rufen:

R: Kyrie eleison

Wir bitten um Mut und Zuversicht für Einsame, Kranke und alle, die unter der Last ihres Lebens leiden. Wir bitten um Hoffnung und Trost für Verzweifelte, Sterbende und Trauernde. - Wir rufen:

R: Kyrie eleison  (e)


Vaterunser


[ Schlussgesang: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)

oder Schalom chaverim (EG 434)


Segen

Gott sei uns gnädig und segne uns,

[R:] er lasse uns sein Antlitz leuchten,

dass man auf Erden erkenne seinen Weg

[R:] unter allen Völkern sein Heil. (Ps 67,1.2)

oder

Der HERR wird seinem Volk Kraft geben; der HERR wird sein Volk segnen mit Frieden. (Ps 27,11)

R: Amen.


Anhang


Zur  Bedeutung des Jesaja-Buches:

Die Bedeutung von Jesaja - nach G. v. Rad »das gewaltige Phänomen des ganzen Alten Testaments« - liegt in seiner lebendigen und die Gegner provozierenden Predigt, von der allerdings nur ein Teil in dem nach ihm benannten Buch erhalten ist. Den davidischen Königen und dem Volk, die sich gegen »den Heiligen Israels« (1,4; 10,17.20; 30, 11) stellen und ihm den Glauben verweigern, tritt Jesaja mutig entgegen. Er prangert auch das durch die Umstellung von Naturalien - auf Geldwirtschaft entstandene soziale Unrecht an. Die harte Sprache seiner Gerichtspredigt (Verstockungsbefehl 6,8-10) ist ein letzter Versuch, die Menschen aus ihrer Vermessenheit zu retten und sie zum Glauben, d. h. zum Sich-Festmachen in Gott, zu bringen. Über aller Gerichtsbotschaft muss Jesaja aber auch Gottes Heilswillen und Macht herausstellen, die sich z. B. im Immanuelkind / Gott mit uns (7,14) zeigen und letztlich stärker sind als alle Mächte des Todes. Den sich verweigernden König und das sündige Volk verweist Jesaja auf den dreimal heiligen Gott, dessen heilsschaffende Heiligkeit sich schließlich doch in aller Welt durchsetzt, bis »die ganze Erde von Gottes Herrlichkeit erfüllt ist« (6,3). Wenn Gott so die Welt aus der Macht der Sünde befreit, wird »das zur Dirne gewordene Jerusalem« (1,21) wieder »zur treuen Stadt« (1,26). Dabei spielt dann der messianische Davidskönig, nicht zuletzt auch im Rahmen einer Zionstheologie, eine bedeutsame Rolle. Das heutige Buch J.s mit seinen 66 Kapiteln, die umfangreichste Schrift des Alten Testaments, ist nicht das Werk von J. allein; global lässt sich das Buch J. in drei große Abschnitte einteilen: 1. Die Kapitel 1-39 mit verschiedenen Sammlungen echter und unechter jesajanischer Verkündung. 2. Die Kapitel 40-55, spätexilische Texte von einem anonymen Propheten, der um 545 bei den Gefangenen in Babylon tätig war und zweiter J. oder Deuteroj. genannt wird. In diesem theologisch hochstehenden Buch stehen auch die vier Gottesknechtslieder (42,1-9; 49,1-9; 50,4-9 und 52,13-53,12), die vielleicht später eingefügt wurden. Die Frage, ob der Gottesknecht der Prophet  selbst oder das gedemütigte Volk Israel oder jemand anderes ist, bleibt offen. In diesem Trostbuch wird den Gefangenen die neue Heilszeit angekündigt. 3. Die Kapitel 56-66 sind eine Sammlung überwiegend nachexilischer Texte zwischen 538 (Ende des Exils) und 500. Verschiedene Texte beantworten die Frage, warum das in cc. 40-55 beschriebene Heil noch nicht gekommen ist; sie weisen aber eindringlich darauf hin, dass Gottes Herrlichkeit das vielfach gedemütigte Israel und das noch zerstört daliegende Jerusalem verklären wird. Das Buch J., das nach den Psalmen im neuen Testament am häufigsten von den alttestamentlichen Büchern zitiert wird, - Jesaja gilt als »Evangelist des Alten Testaments!« - ist auch in der Kirche von den Anfängen an hoch eingeschätzt und oft kommentiert worden. Bei der komplizierten Entstehung des Buches Jesaja. ist zu beachten, dass Synagoge und Kirche in der vorliegenden Endgestalt mit „echten“ und „unechten“ Abschnitten stets die verbindliche Heilige Schrift sehen, wobei auch das Buch Jesaja mit allen Schichten als ein einziges Buch verstanden werden will. Es stellt in dieser seinen komplexen Gestalt jedenfalls einen Höhepunkt der alttestamentlichen Theologie mit Texten aus der Vorexils-, Exils- und Nachexilszeit dar, welche die Menschen aller Zeiten betreffen müssen.(f)


oder

Jesaja – Der Evangelist des Alten Testaments

In: H. Bedford-Strohm, Die Personen der Bibel, München 2016, S. 52 - 54


Quellen und Vorlagen

Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in der schwedischen und finnischen Kirche und in einer Reihe amerikanischer Kirchen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich ist 

a vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon zu Jesaja: www.heiligenlexikon.

b vgl. Alternative Service Book (Church of England), London 1980, S. 417

c oder Hinweise zur Bedeutung des Jesaja-Buches siehe Anhang

d  Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der ostkirchlicher Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis).

e vgl. H.Ch. Knuth, Höre uns, Herr, Gütersloh1982, S. 156 (H.J. Quest)

f vgl. Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon zu Jesaja (gekürzt): www.bautz.de/