26. Juni 2018
Prophet Jeremia (blau #) Prophet der Tränen
Dein Wort ward meine Speise, sooft ich's empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost; denn ich bin ja nach deinem Namen genannt, HERR, Gott Zebaoth. (Jer 15,16)
In manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) wird nicht nur der Apostel und überzeugenden „Heiligen“ aus der Geschichte des christlichen Glaubens gedacht, sondern auch zu besonderen Tagen an herausragende Gestalten des Ersten Bundes erinnert mit dem, was von ihnen im Alten Testament (Tora, Prophetenbücher, Schriften) überliefert wird. Ihr Gedächtnis könnte das „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst abgeben. Dazu werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten
Eröffnung (Begrüßung)
Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden. (Ps 72,28.29) R: Amen.
Heute gedenken wir des alttestamentliche Propheten Jeremia, dessen kirchlicher Gedenktag (eigentlich) am 26. Juni begangen wird. Sein Name bedeutet „Gott richtet auf“, geboren wurde er um 650 v. Chr. in Anathoth, heute Anata bei Jerusalem in Israel, gestorben ist er um 580 v. Chr. in Ägypten. - Jeremia, der schon im Mutterschoß Geheiligte, war der Sohn eines Priesters, dessen Vorfahren Oberpriester bei König Salomo waren. Von Gott in einem dramatischen Akt zum Propheten berufen (Jer 19), trat in Jerusalem als unerschrockener Bußprediger, als religiöser und politischer Mahner auf. In den unruhigen und kriegerischen Zeiten war er Mahner der Könige und des Volkes, dafür oft gehasst, verstoßen, ins Gefängnis geworfen (Jer 32), ja das Ziel von Mordanschlägen (Jer11, 21; 37, 11 - 38; 13). Jeremia verzweifelte, weil das Volk und seine Herrscher die Warnungen der Deportationen von 605 und 597 nicht verstanden und ernst nahmen, so dass die Katastrophe des Babylonischen Exils von 586 unaufhaltsam eintraf. Jeremia wurde unter der ihm auferlegten Last gelegentlich schwach und wollte sein Wirken beenden, der Zuspruch Gottes gab ihm aber wieder Kraft zum Weitermachen (Jer 20) , nicht zuletzt auch auf Grund von ihm zuteil gewordenen Visionen vom künftigen Heil (Jer 31). Jeremia blieb im Land bei den wenigen Besitzlosen, die nicht verschleppt wurden. Als die Verbliebenen nach Ägypten flohen, wurde Jeremia gezwungen mitzukommen (Jer 40 - 43). Aber auch dort bekehrten sich seine Volksgenossen nicht. Der Überlieferung nach wurde Jeremia von ihnen um im Jahr 580 gesteinigt. (a)
(oder) Eröffnung (Ingressus): Herr tue meine Lippen auf (EG Wü 779.1)
Psalmodie (gesungen)
Leitvers: Meine Augen sehen stets auf den Herrn.
Psalm 25 – Herr, zeige mir deine Wege (EG Wü 784)
oder Psalmgebet (gesprochen)
Votum: HERR, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen; aber ich bin darüber zum Spott geworden täglich, und jedermann verlacht mich. (Jer 20,7)
Psalm 73: Dennoch bleibe ich stets an dir (EG 733)
Tagesgebet (Psalmkollekte)
Beten wir in der Stille zu Gott, der seine Stimme hören lässt durch die Propheten:- Stille -
Gott, nicht immer fällt es uns leicht, einverstanden zu sein, mit dem, was du mit uns vorhast. Wie oft wirst du uns zum Rätsel, wenn wir zerrissen werden von den Widersprüchen, in die wir geraten, wenn eigenes oder fremdes Leid alles in Frage gestellt, was einmal Halt bot, wenn uns leichtere Lösungen oder Ausweichmöglichkeiten geboten werden statt deinem Weg zu folgen. Hilf uns bei dir zu bleiben auch gegen die Verhältnisse und eigene Zweifel, gegen den Zeitgeist und persönliche Ungeduld, gegen unsere Angst vor dem Scheitern. Bleibe du dennoch bei uns, so bitten wir im Vertrauen auf Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. (b)
Alttestamentliche Lesung: Jeremia 26, 1.2(3-6)7-15 - Dieser Mann hat geweissagt gegen diese Stadt
Antwortgesang: Ich suche dich, Herr, von ganzem Herzen (EG Wü780.5)
Neutestamentliche Lesung: Apostelgeschichte 7,46-53 – Aus der Rede des Stephanus
Antwortgesang: Weise mir Herr, deinen Weg (EG Wü 770.3)
Betrachtung oder Vita (c)
Lied: Er weckt mich alle Morgen (EG 452,1-5)
[ Canticum (d)
Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Hause seines Dieners David.
Benedictus: Gelobt sei der Herr, der Gott Israels (EGWü 779.6)
Fürbitten
Gott, heilig und stark. Immer wieder hast du Menschen gewürdigt, deine Werkzeuge zu sein: die Väter und Mütter des Anfangs, Könige und Propheten in Israel, die Apostel, die Frauen und alle, die deinem Sohn gefolgt sind, Märtyrerinnen und Märtyrer, Glaubensboten und Reformer der Kirche, Menschen in der Mission und im diakonischen Einsatz. Schwer lag manchmal deine Hand auf ihnen, aber selig war ihr Dienst. Und wir wissen, du willst auch uns für dein Werk in dieser Welt. Wir können nur bitten: Hilf uns, deinem Ruf zu folgen. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison
Nimm uns in deinen Dienst und mach uns darum frei: frei von falschen Hemmungen, frei von gefährlichen Stimmungen, frei von der Furcht vor Menschen und Mächten, frei vom Schielen auf Erfolg, frei von der Scheu vor dem Versagen, frei vom Hang zur Bequemlichkeit, frei von der Angst vor dem Leiden, einfach frei für dich und frei für unsere Brüder und Schwestern. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison
Gib uns die Kraft, uns immer wieder stören zu lassen. Schenke uns den Mut zur Einsamkeit. Bewahre uns vor der gefährlichen Ruhe. Hilf uns, mit dir zu wachen. Stärke uns, auch mit dir zu leiden. Führe uns durch Bedrängnisse und Dunkel hin zum Licht deiner Freude. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison
Weite unser Herz zur Liebe. Öffne unsern Blick für das Erforderliche. Hilf uns achtsam zu sein und gütig. Erhalte uns in Treue zu den uns Anvertrauten. Gib uns Geduld, Freundlichkeit und Langmut. Mach uns zur Vergebung bereit. Was haben wir schon, was nötig wäre für deinen Dienst? Gib du uns alles. Erfülle uns mit deinem Geist. Wir rufen dich an:
R: Kyrie eleison (e)
Vaterunser
[ Schlussgesang: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)
oder Schalom chaverim (EG 434)
Segen
Der HERR wird seinem Volk Kraft geben; der HERR wird sein Volk segnen mit Frieden. (Ps 29,11)
R: Amen.
Anhang - Vita:
Jeremia trat in Jerusalem als Prophet im 13. Regierungsjahr des Königs Josia (etwa 626 v. Chr.) auf. Über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren erstreckte sich seine Predigttätigkeit. Das Hauptthema seiner Botschaft ist die Anklage gegen die religiöse und sittliche Verderbtheit seines Volkes und die Drohung, dass JHWH deshalb Unheil über das Volk bringen werde. Jeremias Predigttätigkeit ist nur vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund zu verstehen: Seine ersten Reden fallen in die Zeit, da heidnische Kultbräuche in das Land gekommen waren, besonders die Verehrung der phönizischen Gottheiten Baal und Aschera. Im Tempel zu Jerusalem standen Götzenbilder und sonstige heidnische Kultgegenstände, die Tempel-Prostitution florierte, die heiligen Schriften »verstaubten« in irgendeinem Depot und das Passah-Fest wurde schon lange nicht mehr begangen. Jeremia tadelte den Abfall von der Verehrung Jahwes und der Einführung des Baalskultes. Werde das Volk weiter verstockt bleiben, dann werde der Feind aus dem Norden das Land zerstören und das Volk in die Gefangenschaft führen. Die Reformbestrebungen des Königs Josia, der in seinem 18. Regierungsjahr (etwa 621 v. Chr.) den Tempel restaurieren, die »Gesetzesrolle« (wohl das Buch Deuteronomium) öffentlich verlesen und den Tempel von allen heidnischen Kultgegenständen gründlich säubern ließ, unterstützte Jeremia, doch die wahre Reform erschöpfe sich nicht in einem nur äußerlich vollzogenen Ritual, sondern müsse von innen kommen (Jer 7-10). Den Nachfolger Josias, den König Jojakim (608-597 v. Chr.), einen vom Pharao eingesetzten ägyptischen Vasallen, klagte Jeremia an, da er die Armen unterdrücke und das Recht beuge, während er selbst sich einen großartigen Palast erbaue (Jer 22). Die religiöse Reform des Josia war schnell vergessen. Jeremia hielt deshalb erneut ernste Strafpredigten und erneuerte seine Unheilsprophezeiungen. Die prophezeite Strafe ereignete sich 605 v. Chr. mit der Eroberung des Reiches Juda durch Nebukadnezar, dem neuen König von Babylon. Er führte alle Vornehmen und alle Metallhandwerker ins Exil nach Babylonien (1. Wegführung ins Babylonische Exil). Nebukadnezar rückte ein zweites Mal (598/597) heran, Jerusalem wurde erneut eroberte und der neuen König Jojachin mit 4.600 Juden nach Babylonien deportiert (2. Wegführung). Jeremia mahnte die Exulanten in einem Brief, ihre Träume auf baldige Rückkehr aufzugeben und sich auf ein langes Exil vorzubereiten (Jer 29). Nebukadnezar zog um 587 v. Chr. ein drittes Mal gegen Jerusalem und belagerte es eineinhalb Jahre lang (Jer 39). Jeremia, der zur Kapitulation drängte und den Bürgern vor Augen führte, dass sie nur noch die Wahl zwischen Leben und Tod hätten, wurde der Wehrkraftzersetzung angeklagt und in eine mit Schlamm gefüllte Zisterne geworfen, aus der er nur durch das persönliche Eingrefen des Königs Zedekia vor dem Tod gerettet wurde (38,4-16). Jerusalem fiel schließlich 586 v. Chr. und wurde dem Erdboden gleichgemacht, der Rest seiner Bevölkerung kam in die Babylonische Gefangenschaft (3. Wegführung). Jeremia, dem sein unermüdliches Eintreten für eine Friedenspolitik gegenüber Babylon sehr zustatten kam, verriet sein Volk nicht und trat nicht zu den Babyloniern über, sondern blieb im verwüsteten Jerusalem »unter geborstenen Steinen und gebrochenen Seelen«. Jeremia folgte - durch einige Judäer gezwungen - seinen nach Ägypten flüchtenden Landsleuten (43,5-7), wo er seine letzten Lebenstage verbrachte. Von dort schrieb er möglicherweise Trostworte an die Exulanten in Babylon, wo er ihnen die künftige Heimkehr vor Augen stellte und ihnen versicherte, dass JHWH seinen Bund mit dem Volk nicht vergessen habe (Jer 31). Im Ansschluss an das Buch Jeremias stehen die Klagelieder. Sie werden seit der Septuaginta oft dem Jeremias zugeschrieben, obwohl sich darin keinerlei Hinweis auf einen Verfasser findet. Schon in alter Zeit haben die Klagelieder Eingang in die Liturgie der Karwoche gefunden (Lamentationen). (f)
oder
Jeremia – Junger Prophet in unruhigen Zeiten
in: H. Bedford-Strohm, Die Personen der Bibel, München 2016, S. 49 -51
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in der schwedischen und finnischen Kirche und in einer Reihe amerikanischer Kirchen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich ist
[ ] In Klammern gesetzte Stücke können emtfallen
a vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon zu Jeremia: www.heiligenlexikon.de
b vgl. S. Bukowski, Lass mich blühen unter deiner Liebe, Wuppertal 2001, S. 97
c s. Anhang
d Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in diesem Abendgottesdienst legt sich nahe, da in der ostkirchlich-orthodoxen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis)
f vgl. Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon zu Jeremia (gekürzt): www.bautz.de/