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8. Mai 2015


Hiob (blau #) Der Fromme, der auf den Wegen der Gerechtigkeit ging  

Wenn diese drei Männer im Land wären, Noah, Daniel und Hiob, so würden sie durch ihre Gerechtigkeit (allein) ihr Leben retten, spricht der Gott der HERR. (Hes 14,14)


In manchen Kirchen der Ökumene (Orthodoxie, Anglikanische Kirche in Kanada, amerikanische Lutheraner (LCA) wird nicht nur der Apostel und überzeugenden „Heiligen“ aus der Geschichte des christlichen Glaubens gedacht, sondern auch zu besonderen Tagen an herausragende Gestalten des Ersten Bundes erinnert mit dem, was von ihnen im Alten Testament (Tora, Prophetenbücher, Schriften) überliefert wird. Ihr Gedächtnis könnte das „Thema“ für einen Wochen-Gottesdienst abgeben. Dazu werden Vorschläge für eine abendliche Feier (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie geboten.



Eröffnung (Begrüßung)

Gelobt sei Gott, der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut. Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden. (Amen.) (Ps 72,28.29) R: Amen.

Wir gedenken heute  der Gestalt des Hiob, der die Hauptfigur der romanhaften Lehrdichtung des nach ihm benannten Buches im Alten Testament ist, das wohl im 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. in Israel entstanden ist. Der Prophet Hesekiel berichtet in seinem Buch (14, 14. 20) von Hiob als historischer Person.

Erzählt wird im Hiobbuch zunächst von dem übergroßen Leid, das der zunächst fromme, rechtschaffene und mit Reichtum gesegnete Mann erfahren musste: nach und nach kommen die “Hiobsbotschaften” über den Verlust seines gesamten Besitzes, dann sterben alle seine Kinder, schließlich wird er selbst todkrank, vom Aussatz befallen. In drei großen Unterredungen ringt Hiob darum, über seine Klage hinauszukommen und den Sinn dieses Leidens zu verstehen. Die frommen Worte und Erklärungsversuche seiner Freunde helfen ihm nicht; er wendet sich in Klage und Anklage, hilferufend und zornig, bittend und flehend, an Gott selbst, der ihm in eindrucksvollen Reden antwortet. Hiob erkennt seine eigene Sündhaftigkeit und schließlich die überragende Schöpfermacht Gottes, der als Herr der Geschichte und des Lebens unser Menschenleben prägt, auch wenn wir das oft nicht verstehen. Auf die leidenschaftliche Frage nach dem “Warum?” erhält  Hiob keine Antwort, er anerkennt dennoch und gerade deshalb Gott als Herrn... und erhält schließlich alles Verlorene doppelt ersetzt. (a)


(oder) Eröffnung (Ingressus): Herr tue meine Lippen auf  (EG Wü 779.1)


Psalmgebet

Votum: (Hiob bekennt:) Ja, ich weiß sehr gut, dass ein Mensch nicht recht behalten kann gegen Gott. Hat er Lust, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eines antworten. Gott ist weise und mächtig, wem  ist's je gelungen, der sich gegen ihn gestellt hat? (Hiob 9,2-4)

Psalm 38:  Herr strafe mich nicht in deinem Zorn (EG 721)


Tagesgebet 

Beten wir in der Stille zu Gott,  der Licht gibt auch den Mühseligen: - Stille - 

Ewiger Gott und Herr. Du fügst die Tage unseres Lebens nach deinem Rat. Haben wir Gutes empfangen, wie sollten wir das Böse nicht auch annehmen. Dennoch treibt die Frage nach dem Warum uns um, wen du uns heimsuchst in Trübsal und Ohnmacht, und sehnen wir uns in unserer Anfechtung nach dem heilsamen Schatten deiner Nähe. Zeige dich uns im Bild deines Sohnes Jesus Christus, unseres Bruders und Herrn. (b)


Lesung aus den Schriften des Alten Testament : Hiob 42,1-10 - Hiobs letzte Rede


Antwortgesang: Ich suche dich, Herr, von ganzem Herzen (EG Wü 780.5)


Lesung aus dem Neuen Testament: Jakobus 5,7-11 - Die Geduld Hiobs


Antwortgesang: Weise mir, Herr, deinen Weg  (EG Wü 779.5)


Betrachtung (s. Anhang)


Lied: Ich steh vor dir mit leeren Händen , Herr  (EG 382,1-3

oder Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen(EG 381,1-4)

oder ein anderes passendes Lied  

[ Canticum (c)

Leitvers: Der Herr hat uns aufgerichtet eine Macht des Heiles im Haus seines Dieners David.

Benedictus: Gelobt sei der Herr, der Gott Israels  (EGWü 779.66)

 

Fürbitten

Ewiger, unser Gott, auch wenn unsere Fragen nach dem Warum von Leiden, Elend und Ungerechtigkeit bleiben und uns weiter bedrängen, so möchten wir bei dir doch Frieden finden für unser Leben und fähig werden, zum Frieden  unter den Menschen beizutragen. Wir hoffen, deine Gerechtigkeit zu erkennen und zu erleben, dass Menschen zu ihrem Recht kommen und von der Macht des Bösen errettet werden. Wir schauen aus nach deiner Barmherzigkeit, dass das Leiden der Schöpfung ein Ende hat und dass auch wir mit unserer Schuld Erbarmen finden - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Wir bitten für alle, deren Leben bedroht ist, für die Kranken und die Sterbenden, für die vom Krieg Heimgesuchten, für die Hungernden, für die ihrer Rasse oder Religion wegen Verfolgten, für die Ausgebeuteten und die Gefolterten, für die Einsamen und Verzweifelten, für die Arbeitslosen und Armen, dass alle errettet werden aus ihrer Not und Hilfe finden für ein neues Leben - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Wir bitten für alle, die Macht und Verantwortung tragen, dass sie nicht hochmütig werden und menschenverachtend, dass sie dienen und nicht herrschen, dass sie das Recht achten und das Leben fördern - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Wir bitten dich für alle, die Böses planen und Böses tun, dass ihre Pläne zuschanden werden und ihre Absichten nicht gelingen, für alle, die für Recht und Freiheit kämpfen, die bedrohte Völker und gefährdete Arten erhalten wollen, dass ihr Einsatz gesegnet werde - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Wir bitten für  alle, die dein Wort zu verkündigen haben, dass sie es ohne Menschenfurcht tun, für alle, die dich, den einzigen Gott bekennen, dass sie sich nicht verführen lassen durch irdische Güter und nicht kaufen lassen von menschlichen Machthabern, - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Wir bitten für uns selbst, dass wir nüchtern bleiben trotz aller Anfechtung und Angst, dass wir mutig ausharren auch in Ohnmacht und Zweifeln, dass wir uns nicht anstecken lassen von der Macht des Bösen, - darum rufen wir dich an:

R: Herr, erbarme dich.

Nimm dich unser gnädig an. Rette und erhalte uns. Dir allein gebührt der Ruhm und die Ehre und die Anbetung, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. (d)


Vaterunser


Schlussgesang: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)


Segen


Anhang


Betrachtung zur theologischen Bedeutung des Hiobbuches

Das Buch Hiob bietet ein Sammelbecken alttestamentlicher Gottesvorstellungen und Gotteserfahrungen. Ausgangspunkt der Rede von Gott ist sowohl bei den Freunden als auch bei Hiob die Deutung von Lebenserfahrungen als Erfahrungen des Handelns Gottes. Dabei zeigen sich drei Erfahrungshorizonte:

1) die Nähe Gottes, die als lebensfördernd, aber auch als lebensbedrohlich erfahren werden kann, Letzteres im Falle Hiobs, der in seinem Leben Gott als so bedrängend nah erlebt, dass er sich eine Auszeit von ihm wünscht;

2) die Macht Gottes, die als chaosbezwingend und als lebenszerstörend empfunden werden kann, Letzteres im Falle Hiobs, der auch an der eigenen Ohnmacht gegenüber dem ihm sich entziehenden Gott leidet;

3) der Umgang Gottes mit dem Recht, der als berechenbar, aber auch als willkürlich erfahren werden kann, Letzteres im Falle Hiobs, der sein Leiden als Rechtsbruch Gottes und als Aufkündigung der Solidarität des Schöpfers mit seinem Geschöpf versteht.

Nur eine Theologie, die 1) um die Doppeldeutigkeit von Gotteserfahrungen weiß, 2) die dunklen Seiten Gottes nicht ausblendet oder die Spannungen im Gottesbild dualistisch auflöst und 3) auf den Einklang von Tradition, Situation und Person achtet, ist nach dem Buch Hiob aufrichtige Rede von Gott.

Die sich durch das gesamte Buch Hiob ziehende Frage nach dem Wesen Gottes entzündet sich an dem Leiden des Gerechten, das im Buch selbst eine mehrfache, auf redaktionelle Fortschreibungen zurückgehende Deutung erhält. So steht der Vielzahl von Theologien im Buch Hiob eine Vielzahl von Interpretationen des Leidens gegenüber, aus der sich gleichfalls eine Geschichte der Leidensdeutungen im antiken Judentum erheben lässt. Während die wohl älteste Gestalt der Hiobnovelle das Leiden als Form der Bewährung des Gerechten versteht, deuten es die Freunde in der ursprünglichen Dichtung als Strafe für verborgene oder offenbare Sünden. Zwischen beiden Deutungen steht die vor allem von Elihu vertretene Interpretation des Leidens als Erziehungsmaßnahme Gottes. Hingegen verorten die Einschübe in den Freundesreden in Hi 4,17-19; Hi 15,14-16 und Hi 25,1-6 den Ursprung des Leidens in der geschöpflich bedingten Sündhaftigkeit des Menschen. Nach den Gottesreden erscheint das Leiden als ein Geheimnis, das zwar in den Schöpfungsplan Gottes eingebunden ist, sich letztlich aber einer Erklärung entzieht. Besitzen alle fünf genannten Leidensdeutungen eine partielle Wahrheit, so liegt der entscheidende Beitrag des Buches Hiob doch nicht in einer generellen Antwort auf die Frage nach Grund und Ziel des Leidens, sondern in der Anleitung zum rechten Verhalten im Leiden. Das Buch Hiob ist zwar gattungsmäßig kein Handbuch der Seelsorge (Oeming, 2001), sondern eine gewaltige literarische und theologische Auseinandersetzung über Grundfragen menschlicher und göttlicher Existenz, es enthält aber gerade in den Worten Hiobs, die die Dichtung eröffnen (Hi 3,1ff) und beschließen (Hi 42,1-6), zwei seelsorgerlich wichtige Hinweise: 1) vor dem Reden der Seelsorgenden steht das Hören; das erste Wort steht dem Leidenden zu; 2) eine verordnete Lösung der Fragen nach dem Leiden verfängt nicht; diese kann nur der Leidende selbst in der Begegnung mit Gott für sich finden. Die Seelsorgenden können auf dem Weg zu dieser Begegnung Begleitende sein, die im günstigsten Fall von Tröstenden zu Getrösteten und Belehrten werden. (c) 

oder eine andere Betrachtung



Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

# als eigenständige liturgische Farbe für das Gedenken alttestamentlicher Gestalten könnte das adventliche Blau (der Erwartung) verwendet werden, wie es in nordischen und in einer Reihe amerikanischer Kirchen (z.B. Lutheraner) gebräuchlich ist 

a vgl. www.heiligenlexikon.de zu "Hiob"

b  R.B.

c   Die Verwendung des Benedictus als Canticum auch in einem Abendgottesdienst legt sich nahe, da z.B. in der orthodoxen Tradition Johannes der Täufer als Repräsentant des ersterwählten Gottesvolkes gesehen wird (vgl. Deisis).

d vgl. M. Josuttis, Erleuchte uns mit deinem Licht, Gütersloh 2009, S.83

e vgl. www.wibilex.de zum Buch Hiob oder andere Erläuterungen wie: z.B. Bibel in gerechter Sprache, Gütersloh 2006,  Einleitung zum Buch Hiob,  S. 1239 f