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21. April 2009


Anselm von Canterbury (weiß) Lehrer der Kirche 

Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach. Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Hebr 13,.7.8


Aus Anlass des 900sten Todestages: Vorschlag für einen abendlichen Gottesdienst (Vesper) mit Elementen aus der Tagzeitenliturgie. Durch einen Stern * gekennzeichnete Stücke können entfallen. 


Eröffnung (Begrüßung)

Der Herr richte unsere Herzen aus auf die Liebe Gottes und die Geduld Christi. (2.Thess 3,5)

Amen.

Vor 900 Jahren, am 21. April 1109 verstarb Anselm von Canterbury, ein Anlass gerade in diesem Jahr seiner zu gedenken. Anselm erlangte große Bedeutung für die mittelalterliche Theologie, gilt er doch als „Vater der Scholastik“, er war aber auch für die Entwicklung der abendländischen Philosophie von Einfluss. Seit 1720 wird er katholischerseits zu den Kirchenlehrern gezählt. „Sein wissenschaftlicher Ruhm knüpft sich bis heute an den in seiner Schrift 'Proslogion' aufgestellten und viel umstrittenen ontologischen Gottesbeweis, an die von ihm in seiner Schrift 'Cur Deus homo?' entwickelte christologische Satisfaktionstheorie und an seine Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft. Anselm sprach programmatisch den Grundsatz aus, daß die Erkenntnis auf dem Glauben beruhen müsse, nicht umgekehrt“. (a) Andererseits strebt „der Glaube selbst ... nach einem umfassenden Verstehen (fides quaerens intellectum) und bejaht die vernüftige Einsicht als eine der Folgen des Glaubens (credo ut intelligam)“ (b) Anselms Satisfaktionslehre wird von Einigen später als eine der Grundlagen der  Reformation angesehen, hingegen wird sie in der orthodoxen Kirche abgelehnt. „In der Forschungsliteratur existieren unterschiedliche Betrachtungsweisen: zum einen wird Anselm als politisch ehrgeizig angesehen und zum anderen als Person, die durch Machtausnutzung ihr Idealbild von der Kirche durchsetzen will.“ (c) Sicher trifft zu, was im Ökumenischen Heiligenlexikon über ihn zu lesen ist: „Bei aller Wissenschaftlichkeit war Anselm ein zutiefst frommer Mensch, ein Mystiker, dessen Gebete ebenso berühmt sind wie seine philosophisch-theologischen Werke.“ (d)


(oder)

Eröffnung (Ingressus)

Herr, bleibe bei uns;

R: denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.

Gott gedenke mein nach deiner Gnade.

R: Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste,

R: wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen. Halleluja. (e)


* Luzernar

Ausgehend von der Osterkerze (oder einer Kerze am Altar) werden alle Lichter in der zuvor (sonst) noch unerleuchteten Kirche entzündet.


Lied:  Komm, Heiliger Geist, Herre Gott - EG 125,1-3

oder Komm Gott Schöpfer, Heiliger Geist - EG 126,1-7


* Danksagung über dem Licht

(Der Herr sei mit euch

R: und mit deinem Geiste.

Lasst uns danksagen und Gott preisen.

R: Das ist würdig und recht. )

Gepriesen seist du, Gott, ewige Güte /

Grund allen Lebens, König der Welt

+  Du bist nicht im Verborgenen geblieben.

Hat auch schon immer dein Name auf dieser Erde gewohnt, /

schon lange uns Menschen bewegt, 

+  nun hast du dich endgültig offenbart im Weg Jesu von Nazareth.

In ihm hast du gezeigt, wer du bist für deine Geschöpfe:

Licht, das aufstrahlt in der Finsternis,

+  Sonne voller Gnade und Gerechtigkeit.

Komm uns entgegen im Glanz Jesu Christi.

öffne uns für das Licht seiner Wahrheit,

+  dass wir vertraut werden mit deinem Ziel für alle Welt.

Erleuchte durch ihn unsere Wege /

an diesem Abend und Tag um Tag

+  bis hin in deine Ewigkeit. (f)

R: Amen.


Psalm (gesungen)

Antiphon: Bei dir ist die Quelle des Lebens

Psalm 36: Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist (EGWü 780.3)


oder

Votum und Psalm (gesprochen)

Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. 1.Joh 4,9

Psalm 139 - Herr, du erforschest mich - EG 754

oder Psalm 92 - Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken - EG 737


* Tagesgebet

Beten wir in der Stille zu Gott, der dem Glauben Einsicht verleiht: 

Gott, unerforschlich in deinem Wesen, und doch offenbarst du dich den Menschen. Von dir gedrängt hat Anselm versucht, die Tiefe deiner Weisheit zu erforschen und zu verkünden. Gib, dass der Glaube unserem Verstehen zu Hilfe kommt, damit unser Herz liebgewinnt, was deine Gnade uns schenkt durch Jesus Christus, unsern Bruder und Herrn. (g)


Lesung: Römer 5,1-11 - Gottes Liebe, ausgegossen in unsere Herzen durch den heiligen Geist 


Antwortgesang:  Ich suche dich, Herr, von ganzem Herzen - EG Wü 780.5


Evangelium: Matthäus 11,25-30 - Kommt her zu mir


Antwortgesang:  Mit Freude erfüllt mich dein Walten - EG Wü 781.4


Betrachtung:  Vita (s.Anhang) oder ein Text von Anselm oder eine eigene Betrachtung


Hymnus: Komm Gott Schöpfer, Heiliger Geist - EG 126,1-7

oder Der du bist drei in Einigkeit - EG 470,1-3


Canticum:  Magnificat - Christus, unsern Heiland ...  EG Wü 781.6 


Bittgebet

(Wir bitten mit einem Gebet Anselm von Canterbury)

Wir lieben dich, o unser Gott, und wir begehren dich zu lieben mehr und mehr. Gewähre uns, dass wir dich also lieben, als wir es begehren und als wir sollen. 

(R: Erneure uns durch deinen Geist)

O liebster Freund, der du uns so sehr geliebt und gerettet hast, du, an den zu denken süß ist und immer süßer wird, komm und nimm Wohnung in unseren Herzen. 

(R: Erneure uns durch deinen Geist)

Dann wirst du Wache halten über unsere Lippen, unsere Tritte und unsere Taten und wir brauchen fürder nicht zu bangen für unsere Seelen und unsere Leiber. 

(R: Erneure uns durch deinen Geist)

Ja, gib uns Liebe, aller Gaben köstlichste, die keine Feinde kennt. Gib uns ins Herz die reine Liebe, geboren aus deiner Liebe zu uns, auf dass wir andere lieben wie du uns. 

(R: Erneure uns durch deinen Geist)

O liebevollster Vater Jesu Christi, aus dem alle Liebe fließt, lass unsere Herzen, die gefroren in der Sünde, kalt für dich und kalt für andere geworden, erwärmen an deiner göttlichen Glut. 

(R: Erneure uns durch deinen Geist)

So hilf uns, segne uns in deinem Sohn (, unserm Bruder und Herrn.) (h)


Vaterunser


Kollekte

Erhabener Gott, du hast Amselm befähigt, die Kirche seiner Tage zu lehren, ihren Glauben an dich in deinem ewigen Wesen, mit deiner vollkommene Gerechtigkeit und deiner rettenden Gnade zu verstehen. Gewähre deiner Kirche zu allen Zeiten ehrfürchtige und nachdenkliche Lehrer, dass wir verständig Rechenschaft geben können von der Hoffnung, die in uns ist, durch Jesus Christus, unsern Herrn, der mit dir und dem Heiligen Geist  - ein Gott - lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. (i) 


Schlussgesang: Christ ist erstanden (EG 99)


Segen


Anhang


Vita des Anselm von Canterbury

Anselm wurde 1033 in Aosta, das in den italienischen Alpen an der Grenze zu Frankreich liegt, geboren. Mit 15 Jahren suchte er den Eintritt in ein nahegelegenes Kloster, was ihm aber verweigert wurde, vermutlich, um Anselms Vater nicht zu verärgern, denn dieser hatte eine politische Karriere für ihn vorgesehen. Mit 23 Jahren verließ Anselm sein Heim und zog drei Jahre durch Frankreich, bis er, angezogen vom Ruhm Lanfrancs, zur Benediktiner-Abtei von Le Bec in der Normandie kam. Nach einigem Zögern trat er ein Jahr später, im Jahre 1060, in diese Abtei ein. Hier widmete er sich mit Freude dem Lehramt, wobei ihm die Schärfe seines Verstandes sowie seine Belesenheit in der Schrift und den Werken der Kirchenväter zustatten kam. Schon 1063 wurde er zum Prior gewählt, 15 Jahre später zum Abt. In diesen Ämtern blieb er ein milder Vater, der lieber etwas von der Strenge klösterlichen Lebens nachließ, als dass er einen Ordensbruder durch Schroffheit zurückgestoßen hätte. In diese Kloster-Zeit fallen auch seine ersten philosophischen und theologischen Werke, insbesondere seine beiden berühmten Schriften Monologion und Proslogion. Anselm formuliert in der Vorrede zum Proslogion in zwei vielzitierten Sätzen eine der Grundpositionen der Scholastik, mit der er das Verhältnis von Glaube und Vernunft bestimmt: (Fides quaerens intellectum) „Glaube, der nach Einsicht sucht“ und (Credo, ut intelligam) „Ich glaube, damit ich verstehe“. Nachhaltige Wirkung hatte zudem Anselms ontologischer Gottesbeweis, der sich ebenfalls im Proslogion, eigentlich einer Meditation über das Wesen Gottes, befindet. Zentrales Argument ist der Satz, Gott sei „das, worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden kann“ . Anselms Denken war von einer leidenschaftlichen Liebe durchdrungen, bei ihm blieben die beiden Kräfte noch vereinigt, die sich hernach gespalten haben: das strenge vernuftgemäße Denken, das die Geheimnisse Gottes beweisen will, und das anbetende Versenken in den unergründlichen Brunnen göttlichen Lebens: Scholastik und Mystik. Bezeichnend ist der Titel von Anselms erst später vollendeten Hauptwerks „Cur Deus Homo“ - „Warum wurde Gott Mensch?“. Ihm genügte nicht mehr, das Wunder der Menschwerdung zu verehren, er unternahm den Versuch die Notwendigkeit der Inkarnation aus der Vernunft zu beweisen. Dabei bediente er sich der gängigen Vorstellungen und Begriffen einer feudalen Ordnung, wie sie zu seiner Zeit bestand. Wenn ein Vasall den Bund bricht, zu dem er durch das Lehen verpflichtet ist, so hat er dafür dem Lehnsherrn Sühne zu leisten. Gleicherweise verletzt die Sünde den persönlichen Bund mit Gott, dem höchsten Herrn, und Versöhnung ist erforderlich. Weil wir von uns aus zu solch einer Sühneleistung nicht fähig sind - denn Gott ist vollkommen, wir aber nicht - darum hat Gott selbst die Rettung vollbracht, indem er in Christus ein vollkommener Mensch wurde. So konnte ein vollkommenes Leben als Sühne für die Sünde dargeboten werden. Damit vertritt Anselm die Lehre, die Erlösung durch Christus sei als Befriedigung des gerechten Zornes Gottes durch den Tod Christi zu verstehen (Satisfaktionslehre). 

Als der damalige Erzbischof von Canterbury, Lanfranc 1089 verstarb, wurde Anselm von vielen als sein Nachfolger favorisiert, doch erst 1093 von William II. ins Amt gesetzt. Nur zögernd folgte Anselm dem Ruf, denn er zweifelte daran, dass der König mit ihm am gleichen Strang ziehen werde. In der Tat kam es schnell zum Zerwürfnis. In den nachfolgenden vier Jahren trugen die beiden den Investiturstreit über das Verhältnis weltlicher und geistlicher Macht in England aus. Im Jahre 1097 bekam Anselm die Erlaubnis, Rom aufzusuchen, um dort um Hilfe zu bitten, die er jedoch nur in beschränktem Maße erhielt. Die Rückkehr nach England wurde ihm vom König verweigert, weshalb Anselm von 1097 an in Lyon im Exil lebte. Erst als William 1100 starb, konnte Anselm unter dessen Nachfolger Henry I. nach England zurückkehren, musste jedoch 1103 ein weiteres Mal ins Exil gehen, das vier Jahren dauerte. Danach konnte er noch zwei Jahre in England wirken, wo er in der Karwoche des Jahres 1109 starb. Sein Grab ist in der berühmten Kathedrale von Canterbury. War sein Episkopat auch konfliktreich und stürmisch, lag seine größte Gabe sicher im theologischen Denken und der spirituelle Weisung. (k) „Mit Anselm bricht die Hochscholastik auf. Aus seiner tiefen Innerlichkeit, aus seiner benediktinischen Ausgeglichenheit wird er auch ein Vorbeter Europas. - Er scheut nicht den Kampf mit der Gewalt. Aber sein Sieg ist der Sieg der Theologia cordis.“(l) 

In einem Gebet bittet Anselm von Canterbury:

Gib mir, o Herr, dass ich dich erkenne und immer mehr dich liebe und in Freude besitze. Und weil ich in meinem Leibe hienieden diese Seligkeit nicht vollkommen haben kann, so lasse sie wenigstens Tag für Tag in mir wachsen, bis sie sich ganz erfülle im kommenden Leben! Hier mehre in mir deine Erkenntnis, dort lasse sie vollkommen sein, hier mehre in mir die Liebe, dort lasse sie reif sein, hier lasse meine Freude wachsen durch die Hoffnung, dort vollende sie in der Einung! Amen. (m)



Quellen und Vorlagen

Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

a) P. Kawerau, Geschichte der mittelalterlichen Kirche, Marburg 1967, S. 190

b) A.Adam, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 2, Gütersloh 1968, S. 67

c) www. wikipedia - Stichwort Anselm von Canterbury

d) www. Ökumenischer Heiligenkalender zu Anselm von Canterbury

e) Ingressus der Vesper - EGWü 781.1

f) vgl. Evangelisches Tagzeitenbuch, 4./5. Aufl., Göttingen 1998/2003, S. 223 

g) vgl. Stundenbuch (röm.kath.), Bd. II, Köln u.a. 1978, S.1102

h) vgl. W. Nigg, Gebete der Christenheit, Hamburg 1965, S. 145

i) vgl. Lesser Feasts and Fasts (episc.),  New York 1980, S. 203

k) Dieser Artikel basiert auf Informationen aus dem www. Ökumenischen Heiligenlexikon sowie dem Artikel Anselm von Canterbury aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. Ferner wurden verwendet: J. Erb, Glaube und Geduld der Heiligen, Kassel 1965, S. 44 und J. Erb,  sowie Lesser Feasts and Fasts (episcop.),  New York 1980, S. 202

l) Th.Schnitzler, Die Heiligen im Jahr des Herrn, Freiburg 1979, S. 140

m) vgl. W. Nigg, Gebete der Christenheit, Hamburg 1965, S. 112