Text als RTF-Dokument herunterladen

9. April 2015


Dietrich Bonhoeffer – (rot) Zeuge des Glaubens in der Diesseitigkeit des Lebens


Abendgottesdienst mit Elementen der Vesper oder Taize-Gesängen



Begrüßung 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.  G: Amen.
Genau siebzig Jahre ist es jetzt her, dass Dietrich Bonhoeffer am 9. April 1945 im Flossenbürg hingerichtet wurde. Er ist eine eindrückliche Theologen-Gestalt des 20. Jahrhunderts: „Unter den Zeugen, die der Bekennenden Kirche im Kampf gegen Irrlehre und grausame Unterdrückung des Evangeliums geschenkt wurde, ragt Dietrich Bonhoeffer hervor, und mit ihm sind alle anderen Blutzeugen aua dieser Kampfzeit mitgenannt; denn er hat nicht nur seinen Glauben mit dem Tod besiegelt, sondern der Kirche über seine eigene Lebenszeit hinaus Aufgaben gestellt und Wege gewiesen.“ (a)

War er ein „evangelischer“ bzw. „ moderner Heiliger“? Bonhoeffer selbst hatte da wohl seine Vorbehalte. Er berichtet in seinen Aufzeichnungen aus der Gefängniszeit von einem Gespräch mit einem französischen Priester. „Wir hatten uns ganz einfach die Frage gestellt, was wir mit unserem Leben eigentlich wollten. Da sagte er: ich möchte ein Heiliger werden ( – und ich halte für möglich, dass er es geworden ist – ); das beeindruckte mich damals sehr. Trotzdem widersprach ich ihm und sagte ungefähr: ich möchte glauben lernen. ... Später erfuhr ich und ich erfahre es bis zu Stunde, dass man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben lernt. Wenn man völlig dar- auf verzichtet hat, aus sich selbst etwas zu machen – sei es einen Heiligen oder einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann (eine sogenannte priesterliche Gestalt), einen Gerechten oder einen Ungerechten, einen Kranken oder Gesunden – und dies nenne ich Diesseitigkeit, nämlich in der Fülle der Aufgaben, Fragen, Erfolge und Misserfolge, Erfahrungen und Ratlosigkeiten leben, – dann wirft man sich Gott ganz in die Arme, dann nimmt man nicht mehr die eigenen Leiden, sondern das Leiden Gottes in der Welt ernst, dann wacht man mit Christus in Gethsemane, und ich denke, das ist Glaube, das ist metanoia und so wird man ein Mensch, ein Christ. (vgl. Jer 45 !) Wie sollte man bei Erfolgen übermütig und bei Misserfolgen irre werden, wenn man im diesseitigen Leben Gottes Leiden mitleidet.“ (b)


[ Lied: Menschen gehen zu Gott in ihrer Not (EG Wü 547) ]


Eröffnung 

mit Ingressus: Herr, bleibe bei uns (EGWü 781.1 )

oder Taizegesang: Bleib mit deiner Gnade bei uns (EG Wü 787.8)


Psalmodie (gesungen)

Antiphon: Meine Augen sehen stets auf den Herrn

Psalm 25   Herr, zeige mir deine Wege(EG Wü 782.4)


oder

Psalmgebet (gesprochen)

Votum: Christus spricht: Wer mir dienen will, der folge mir nach und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren. (Joh 12,26)

Psalm 73Dennoch bleibe ich stets an dir (EG 733)


[ Tagesgebet

Herr Jesus Christus, du warst arm und elend, gefangen und verlassen [wie wir). Du kennst alle Not der Menschen, du bleibst bei uns, wenn kein Mensch uns beisteht. Du vergisst uns nicht und suchst uns. Du willst, dass wir dich erkennen und us zu dir kehren. Herr, wir hören deinen Ruf und wollen dir folgen. Hilf uns. (c)]


Schriftlesung: Sprüche 31,8.9 – Tu deinen Mund auf für die Stummen


Antwortgesang

mit Responsorium:  Herr, dein Wort ist meines Fußes Leuchte (EG Wü 781.3)

oder Taizegesang: Unsere Augen sehen stets auf den Herren (EG Wü 787.6)


Evangelium: Johannes 19,25 – 27 – Es standen aber bei dem Kreuz Jesu ...

Oder Markus  14,32-38  - Bleibt hier und wachet


Antwortgesang

mit Responsorium: In deine Hände, Herre Gott, befehle ich meinen Geist (EG Wü 782.7)

oder Taizegesang: Bleibet hier und wachet mit mir (EGWü 787.2)


Betrachtung  oder  Vita (d)


Lied: Von guten Mächten wunderbar geboren (EG 65 in Auswahl)


[ Magnificat

als  Canticum: Christus,  unsern Heiland, ewigen Gott, Marien Sohn ... (EGWü 781.6)

oder Taizegesang: Magnificat (EGWü 573) ]


Fürbitten 

Heiliger Gott, Christus, dein Sohn, ist den Weg der Liebe bis zum Ende gegangen und hat so Folter und Tod auf sich genommen. Du aber hast ihn auferweckt. Er ist der Lebendige und ist immer für uns da. Durch ihn rufen wir dich an: 

R: Kyrie eleison.

Schenke deiner Kirche Zuversicht und Gelassenheit, damit sie zu allen Zeiten in der Nachfolge deines Sohnes bleibt und dich auch in schweren Zeiten als den Freund des Lebens bezeugt. Gib uns de Kraft, im Glauben nicht müde zu werden,  lass uns wach und aufmerksam sein, damit wir erkennen, wo du uns heute begegnest. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Stehe allen bei, die wegen ihres Glaubens angefeindet oder verfolgt werden. Stärke ihr Vertrauen durch deinen Geist und gib ihnen Zeichen deiner Nähe. Mach uns empfindsam, wenn Menschen wegen ihrer Überzeugung angegriffen und benachteiligt werden. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Gib uns den Mut, uns für  Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen und dich dadurch zu bezeugen. Hilf uns zur Versöhnung und bei der Überwindung von Gegensätzen in deiner weltweiten Kirche.

Erfülle uns mit deiner tragenden Kraft, auch wo wir schwach werden. Lass uns in allen Nöten deine unverbrüchliche Nähe erfahren. Wir rufen dich an:

R: Kyrie eleison.

Führe uns mit allen, die uns im Glauben vorangegangen sind,  zur Erfüllung des Lebens in dir. Lass uns unterwegs bleiben auf dem Weg in dein Reich, wo alle Vollendeten, alle Märtyrer und Heiligen sich ohne Ende loben durch Jesus Christus, unsern Herrn.(e)


oder das aktuelle Wochengebet der VELKD


Vaterunser

Segensbitte

Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich (EG 421)

oder Taizegesang: Nichts soll dich ängsten (EGWü 574)  


Segen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus (+) Jesus.  (Phil  4,7)  G: Amen. 



Vita

Dietrich Bonhoeffer (* 4. Februar 1926) wuchs in Breslau, dann in Berlin auf als sechstes von acht Kindern des Arztes und Professors für Psychiatrie und Neurologie Karl Bonhoeffer und seiner Frau Paula geb. von Hase. 1923 begann er in Tübingen mit dem Studium der Theologie und schloss sich der akademischen Verbindung Igel an; das Studium setzte er in Rom und Berlin fort und schloss es mit der Doktorarbeit Sanctorum Communio, Gemeinschaft der Heiligen, 1927 ab. Es folgte ein Vikariat in Barcelona während des Jahres 1928, dann ab 1929 die Assistentenzeit in Berlin. 1930 legte Bonhoeffer sein zweites theologisches Examen ab, wenige Tage später folgte die Habilitation mit der Schrift Akt und Sein, anschließend ein einjähriger Studienaufenthalt am Union Theological Seminar in New York.

Von August 1931 bis Sommer 1933 lehrte er als Privatdozent an der Berliner Universität. In jener Zeit habe er die Bergpredigt (Matthäusevangelium 5 - 7) mit ihrer klaren Verpflichtung zu Frieden und Gerechtigkeit entdeckt wie nie zuvor. Seine internationalen Kontakte führten 1931 zu seiner Teilnahme an der Konferenz des Weltbundes christlicher Studenten in Cambridge, wo er zum Jugendsekretär gewählt wurde. Neben der Lehrtätigkeit an der Universität erteilte er Konfirmanden-Unterricht in der Berliner Zionsgemeinde am Prenzlauer Berg; 1932 erwarb er eine Baracke, um für seine Studenten wie für die Konfirmanden Wochenendfreizeiten durchzuführen. 1933 nahm er wieder an verschiedenen internationalen kirchlichen Konferenzen teil. Wichtigste literarische Hinterlassenschaft aus dieser Zeit ist die von ihm selbst veröffentlichte Vorlesung über 1. Mose 1 - 3 unter dem Titel Schöpfung und Fall.

Im Februar 1933, wenige Tage nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, hielt Bonhoeffer im Radio einen Vortrag über den Führer-Begriff, der von der Sendeleitung abgebrochen wurde. Im Sommer 1933 gab er seine Lehrtätigkeit auf, um sich ganz der Arbeit als Pfarrer in einer Gemeinde zu widmen. Im August gab er ein Flugblatt heraus, das sich kritisch mit dem Arierparagraphen in der Kirche beschäftigte, und im September war er wesentlich an der Gründung des Pfarrernotbundes beteiligt, der in den folgenden Monaten mehr als 7000 Pfarrer als Gegenbewegung gegen die Deutschen Christen und die Einführung des Arierparagraphen in der Kirche sammelte. Von Oktober 1933 bis April 1935 war er in der deutschen Gemeinde in London tätig; von hier aus pflegte er ökumenische Kontakte und informierte über die Vorgänge in Deutschland nach der Machtübernahme der Nazis. Besondere Aufmerksamkeit erregte er 1934 als Teilnehmer an der ökumenischen Konferenz in Fanø mit seiner Rede Kirche und Völkerwelt. 1935 kehrte er auf Bitten der Bekennenden Kirche nach Deutschland zurück und übernahm die Leitung des Predigerseminars der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg in Finkenwalde - dem heutigen Stadtteil Zdroje in Stettin/Szczecin. Gemeinsames Leben und spirituelle Erfahrungen in einer tragenden Gemeinschaft waren ihm für die Ausbildung der späteren Pfarrer entscheidend wichtig.

Bonhoeffer setzte sich nachdrücklich für die Geltung der Barmer Erklärung und der daraus resultierenden Einrichtung neuer kirchenleitender Gremien ein. Gleichzeitig bemühte er sich um Anerkennung der Bekennenden Kirche durch die Ökumene, d. h. die Kirchen im Ausland, und den gleichzeitigen Abbruch von deren Beziehungen zu der von den Nazis gelenkten Reichskirche; dies hatte aber nur teilweise Erfolg. Die Bekennende Kirche beauftragte Bonhoeffer 1935 mit der Einrichtung eines Bruderhauses für die Pfarrer und Mitstreiter. 1936 hielt er sein letztes Kolleg an der Berliner Fakultät zur Auslegung der Bergpredigt mit dem Titel Nachfolge - 1937 als Buch erschienen, im August desselben Jahres wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen. Auch das Predigerseminar musste schließen, es wurde illegal in Hinterpommern weitergeführt.

Im Vorwort der Nachfolge unternimmt Bonhoeffer den Versuch einer Zeitansage: Es scheint heute so schwer zu sein, den schmalen Weg der kirchlichen Entscheidung in aller Gewissheit zu gehen und doch in der ganzen Weite der Christusliebe zu allen Menschen, der Geduld, der Barmherzigkeit, Liebe Gottes mit den Schwachen und Gottlosen zu bleiben; und doch muss beides beieinander sein, sonst gehen wir Menschenwege. Gott schenke uns in allem Ernst des Nachfolgens die Freude, in allem Nein zur Sünde das ja zum Sünder, in aller Abwehr der Feinde das überwindende und gewinnende Wort des Evangeliums. Der Maßstab für die Kirche war ihm die Nachfolge als gelebtes Zeugnis in der Welt und für die Welt: Rechtes geheiligtes Leben in der Gemeinde Gottes unterscheidet sich von jeder frommen Nachäffung dadurch, dass es den Menschen zugleich zu Zeugnis an die Welt führt. Das bedeutet, dass Kirche nur dann Kirche ist, wenn sie für andere da ist.

Im Februar 1938 konnte Bonhoeffer zum letzten Mal an einer ökumenischen Konferenz - in London - teilnehmen, im September wurde sein Predigerseminar von der Geheimen Staatspolizei geschlossen, im November wurden 27 ehemalige Seminaristen in Haft genommen. Anfang 1938 wurde Bonhoeffer aus Berlin ausgewiesen, er knüpfte erste Kontakte zu den Widerständlern Sack, Oster, Canaris und Beck. Bonhoeffers Schwester und ihre Familie emigrierten nach England, er selbst beteiligte sich während der Sudetenkrise an Umsturzplänen. Die wichtigsten Schriften aus dieser Zeit sind neben einer Reihe von brisanten, stark in das kirchliche Geschehen eingreifenden Vorträgen und Aufsätzen die erwähnte Nachfolge und die Schrift Gemeinsames Leben vom September 1938.

Während einer Amerikareise im Frühsommer 1939 lehnte Bonhoeffer es ab, dort zu bleiben, und kehrte nach Berlin zurück, 1940 wurde ein Rede- und Schreibverbot verhängt. Er schloss sich dem Widerstandskreis um seinen Schwager Hans von Dohnany an, beteiligte sich aktiv und wurde Verbindungsmann der militärischen Abwehr unter Admiral Canaris. Sein spezieller Auftrag war, über seine ökumenischen Verbindungen die Westmächte über Fortgang, Pläne und Möglichkeiten der Widerstandsbewegung zu informieren, sie vom Friedenswillen einer neuen Regierung nach Hitlers Sturz zu überzeugen und sie für diesen Fall zu akzeptablen Waffenstillstandsbedingungen geneigt zu machen. Zu diesem Zweck unternahm er Reisen ins neutrale Ausland, die spektakulärste war das Treffen mit Bischof Bell von Chichester Mitte 1942 in Schweden. In engem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stand die Arbeit an der Schrift Ethik, in der er Grundlagen christlichen Handelns von den Erfahrungen jener Jahre her formulierte. Daneben war er, solange Reise- und Aufenthaltsverbote ihn nicht daran hinderten, als Visitator der Bekennenden Kirche und als theologischer Gutachter für aktuelle Fragen tätig. Im Januar 1943 verlobte sich Bonhoeffer, im April wurde er verhaftet und ins Wehrmachtsgefängnis Berlin-Tegel eingeliefert.

Dort entstand Bonhoeffers bekanntestes Buch Widerstand und Ergebung, das Briefe aus der Haft enthält und die große, getroste Kraft des ungebrochenen Gefangenen deutlich macht. Ein Fluchtversuch scheiterte 1944, nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 sank auch Bonhoeffers Hoffnung auf eine Wende. Im September bewies ein Aktenfund seine Teilnahme am Widerstand, im Oktober 1944 wurde er in den Gestapo-Bunker in der Albrechstraße in Berlin verlegt, im Februar 1945 ins KZ Buchenwald bei Weimar, von dort aus wegen der herannanhenden Befreiung durch die Amerikaner am 8. April ins KZ Flossenbürg. Hitler persönlich erließ am 5. April 1945 den Befehl zu seiner Ermordung, am 9. April wurde er zusammen mit anderen Widerstandskämpfern im KZ Flossenbürg hingerichtet.

Im Jahr 2000 veröffentlichte die katholische Kirche ein Märtyrerverzeichnis für den deutschen Sprachraum, in dem auch Bonhoeffer als Nichtkatholik in ökumenischen Gruppen verzeichnet ist (f)


oder Artikel „Dietrich Bonhoeffer“ in wikipedia

oder J. Erb, Die Wolke der Zeugen, Bd. I, Kassel 1951, S.508-515

oder J. Erb, Geduld und Glaube der Heiligen, Kassel 1965,  S. 130

oder A. Ringwald, Menschen vor Gott, Bd. I, Stuttgart 1958, S.230 f

oder H. Achterberg, Zeugen des Evangeliums, Moes 1987, S.365 f

oder Renate Wind, Dietrich Bonhoeffer, In der Diesseitigkeit des Lebens Glauben lernen,

in: Michael Langer (Hg) Licht der Erde – Die Heiligen, München 2006, S.


Quellen und Vorlagen


Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

[ ] In Klammern gesetzte Stücke können entfallen

a vgl. J. Erb, Die Wolke der Zeugen, Bd. I, Kassel 1951, S.508

b vgl. D. Bonhoeffer, Lesebuch (hg Otto Dudzus), München 1987, S. 148 f 

c vgl. A. Ringwald, Bete mit, Stuttgart 1960, S. 43 (Bonhoeffer im Gefängnis)

d siehe Anhang

e vgl. Lutherische Liturgische Konferenz Bayern, Liturgische Entwurfe  für das Kirchenjahr,

Nurnberg (o.J.), Heft 4, S. 21

d vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon – Dietrich Bonhoeffer