27. Januar 2020
Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus (violett) Bleibende Erinnerung und Mahnung
Hüte dich und bewahre deine Seele gut, dass du nicht vergisst, was deine Augen gesehen haben, und dass es nicht aus deinem Herzen kommt dein ganzes Leben lang. Und du sollst deinen Kindern und Kindeskindern kundtun. 5.Mos 4,9
Der 27. Januar soll nach den neuen Perikopenbuch auch kirchlich als alljährlicher Gedenktag begangen werden, der in Unterschied zum 9. November nicht nur an die nationalsozialistisch organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden im gesamten Deutschen Reich erinnert, sondern alle Opfergruppen des Nationalsozialismus im Blick hat, wie sie beispielhaft 1985 in der Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum Kriegsende genannt wurden. Es gab bereits verschiedene Materialhefte zu diesem Anlass. Hier wird insbesondere ein Vorschlag der Aktion „Sühnezeichen“ aufgegriffen.
Predigtgottesdienst / Bußfeier
Vorspiel oder Stille
Eröffnung (Begrüßung)
Im Namen Gottes, des Schöpfers, der jeden Menschen zu seinem Gegenüber berufen und mit Würde, Lebensrecht und Freiheit gesegnet hat. Im Namen Jesus Christi, der als Künder des Reiches Gottes sich den Armen, Ausgegrenzten, Leidenden und Sündern zugewandt und Versöhnung unter die Menschen gebracht hat. Im Namen des Heiligen Geistes, der als Gotteskraft zu Verantwortung und Einsicht ermutigt und in Barmherzigkeit trösten will. R: Amen.
Auch in der Kirche wollen wir heute am 27. Januar mit dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus an alle Opfer eines beispiellosen totalitären Regimes während der Zeit des Nationalsozialismus erinnern: „Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende sowie Männer und Frauen des Widerstandes, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Kriegsgefangene und Deserteure, Greise und Kinder an der Front, Zwangsarbeiter und an die Millionen Menschen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden.“ Als dieser bundesweite, gesetzlich verankerte Gedenktag im Jahres 1999 von damaligen Bundespräsidenten proklamiert wurde, führte er aus: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“ (a) Der Termin erinnert daran, dass am 27. Januar 1945 Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers des Nazi-Regimes befreiten.
oder
Auch wenn der 27. Januar dem Gedenken aller Opfer des Nationalsozialismus gewidmet ist, wollen wir uns in diesem Jahr auf die größte der Opfergruppen, die Juden, konzentrieren. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm schreibt im Geleitwort einer Arbeitshilfe der Aktion Sühnezeichen für diesen Tag: „Der Anschlag auf die Synagoge in Halle und viele andere Vorfälle haben es gezeigt: Antisemitismus ist in Deutschland nicht auf dem Rückzug. Er hat sogar zugenommen. Für uns Christen wie für alle anderen demokratisch und tolerant gesinnten Gruppen der Zivilgesellschaft heißt das: Erschrecken und verbale Solidarität reicht nicht. Wir müssen in unserem Alltag aktiv für die Menschenwürde eintreten und überall konkret Kontra geben, wo Menschengruppen wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Hautfarbe oder wegen ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert oder gar angegriffen wer-den. Und es gilt, die zur Rede zu stellen, die Antisemiten Deckung geben, auch dann, wenn sie selbst nicht so denken... Gegen anti-semitische Strömungen... gilt es klar Einspruch ... zu erheben. Denn solche Einstellungen dürfen in unserem Land nicht salonfähig werden. Und das gilt umso mehr am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. (b)
Lied zum Eingang: Nimm von uns, Herr, du treuer Gott (EG 146,1-3)
Psalmgebet
Votum: So spricht Gott, der HERR: Hüte dich und bewahre deine Seele gut, dass du nicht vergisst, was deine Augen gesehen haben, und dass es nicht aus deinem Herzen kommt dein ganzes Leben lang. Und du sollst deinen Kindern und Kindeskindern kundtun. 5.Mos 4,9
[Im Dank für die Befreiung der Opfer des Nationalsozialismus beten wir mit dem Psalm 126:]
Psalm 126 - Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird – (EG.E.104 / EG 750)
oder
[In Erinnerung der Leiden und der Hoffnung der Opfer des Nationalsozialismus beten wir mit dem Psalm 86:]
Psalm 86 – HERR, neige deine Ohren und erhöre mich (EG.E 75)
Tagesgebet
Beten wir weiter in der Stille vor Gott, dem Richter der Welt:
Gnädiger und barmherziger Gott. Mit diesem Tag werden wir erinnert an das Grauen, das durch die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland über Europa gebracht wurde und dem viele Millionen von Menschen zum Opfer gefallen sind. Es fällt uns schwer, diese Verbrechen als Teil unserer Geschichte anzunehmen und zu begreifen, was Angehörige unseres Volkes anderen Menschen angetan haben. Mache uns empfindsam für den bleibenden Schmerz und den Zweifel an der Menschlichkeit des Menschen. Mache uns wachsam gegen alte und neue Feindbilder. Lass aus der Erinnerung an das Böse Kraft zum Guten erwachsen und ermutige uns, der Möglichkeit von Vergebung und Versöhnung etwas zuzutrauen. So bitten wir um Jesu Christi willen, unseres Retters und Herrn. (c)
Schriftlesung: Epheser 4,25-32 (I) ... redet die Wahrheit
Antwortgesang: O komm du Geist der Wahrheit (EG 136,1-4)
Predigttext: Prediger Salomo 8,10-14.7 (II) – aber den Gottlosen wird es nicht wohlgehen
Ansprache
ggf. unter Verwendung von Impulsen aus der „Liturgie für eine meditative Stunde am Abend des 27. Januars“ von Helmut Ruppel (d)
Besinnung (Musik oder Stille oder Lied)
[ Bekenntnis
Aufruf: Angesichts der Opfer des Nationalsozialismus erkennen wir auch unsere Verstrickung in Unrecht und Schuld und bekennen vor Gott: Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit“ (Dan 9,18)
Psalm 51: Gott sei mir gnädig nach deiner Güte (EG.E 60 / EG 729)]
Fürbitten
Wir wollen an diesem Tag - beschämt vor dir, Gott, - der Gewalt eines beispiellosen totalitären Regimes während der Zeit des Nationalsozialismus und seiner Opfer gedenken: Gib, dass diese Erinnerung nicht endet, sondern auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnt. Hilf uns, lebendige Formen des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirken. Von Trauer über Leid und Verlust bewegt, widmen wir unser Gedenken den verschiedenen Gruppen der Opfer. Lass uns achtsam und einsatzbereit der Gefahr der Wiederholung entgegenwirken. Wir rufen:
G: Kyrie eleison
Wir bitten dich, Gott: Gib – auch durch unsern Beitrag – den Benachteiligten deine Gerechtigkeit, den Stummgemachten deine Stimme, den Engstirnigen deine Weite, den Mutlosen deine Stärke, den Mächtigen diene Weisheit, den Gereizten deine Stille, den Flüchtenden deinen Schutz, den Kindern deine Geborgenheit, den Schmerzgeplagten deine Nähe, den Sterbenden dein Licht. Wir rufen:
G: Kyrie eleison
Und wir bitten: Lass unser Gebet mehr sein als Ansammlung von Wünschen, als Pflichterfüllung aus Tradition, als Denkleistung – vielmehr sei es erfüllt von der Bewegung unserer Herzen. Lege uns Worte in den Mund, die über das hinausreichen, was menschlich erreichbar ist. Mache unser Gebet stark und uns selber lebendig. Wir rufen: (e)
G: Kyrie eleison
Alles, was gut ist, gewähre uns: alles, was still und stark; alles, was wärmt und weitet; was den Leib erfreut, das Herz bezaubert und die Seele birgt; alles, was die Liebe stärkt und das Recht stützt komme über uns durch uns in die Welt. (f) Vor dir werden wir still:
- Stille –
Wir machen uns die Worte Jesu zu eigen:
Vaterunser
Lied zum Ausgang: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn - EG Wü 658,1-4
oder ein anderes Lied
[ Abkündigungen - Friedensbitte: Verleih uns Frieden gnädiglich - EG 421 ]
Segenswunsch
Der Friede Gottes erfülle, beschütze und ermutige uns. Gott segne und behüte uns. Er lasse sein Licht leuchten über uns und begleite uns auf dem schweren, doch schönen Weg durch die Zeiten. Die Kraft seines Geistes lasse uns beweglich werden. Er verleihe uns Frieden gnädiglich.
R: Amen – so sei es! (g)
Nachspiel oder Stille
Gestaltung mit dem Evangelischen Tagzeitenbuch
Ps 51 Bekehrt euch zum Herrn von ganzem Herzen TZB 520
Ps 74 Erhebe dich, o Gott TZB 351
Ps 102 A HERR , höre auf mein Beten TZB 353
Resp AT HERR weise mir deinen Weg TZB 219
Resp Ep Wir haben gegen dich gesündigt TZB 521
Resp Ev Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz TZB 519
Statt Hymnus und Magnificat:
Ps 79 Hilf uns, du Gott unsres Heiles. Vergib uns ... TZB 355
Kyrie-Tropos Kyrie, Vater allerhöchster Gott TZB 901
Quellen und Vorlagen
Soweit nicht anders angegeben sind Bibelverse wörtlich zitiert aus: Die Bibel nach Martin Luthers
Übersetzung – revidiert 2017, © 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
[ ] In Klammern gesetzte Stücke können entfallen
a vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tag_des_Gedenkens_an_die_Opfer_des_Nationalsozialismus
b vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Predigthilfe zum 27. Januar 2020, S. 2
c vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Gestaltungshilfe für den 27. Januar 2009
d vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Predigthilfe zum 27. Januar 2020, S. 28 - 35
e vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Gestaltungshilfe für den 27. Januar 2012
f vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Predigthilfe zum 27. Januar 2020, S. 35
g vgl. Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste - Predigthilfe zum 27. Januar 2020, S. 36